Die Einsprüche gegen die Bescheide sind Eilsachen. Die Sozialgerichte sind überlastet – dabei geht es um die Existenz von bedürftigen Klägern.
Potsdam. In Berlin wird zwischen der schwarz-gelben Bundesregierung und der Opposition um die neuen Regeln für Hartz IV gerungen – Ausgang offen. Das Paket soll noch im Januar verabschiedet werden, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zu genügen. Die Zustimmung des Bundesrates und damit der SPD und der Grünen ist dafür die Voraussetzung. Bleibt ein kurzfristiger Kompromiss für das Hartz-IV-Paket aus, sieht die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Monika Paulat, schwarz. „Den Gerichten droht eine Flut von Anträgen der Leistungsempfänger auf einstweiligen Rechtsschutz. Das würde ganz klar zulasten von anderen Verfahren gehen“, sagte Paulat der Nachrichtenagentur dpa.
Da es sich bei den Hartz-IV-Verfahren um Eilsachen handele, hätten diese Vorrang vor anderen Klagen – beispielsweise zur Renten- oder Krankenversicherung. „Beides sind aber ebenfalls Bereiche, in denen es um die Sicherung der Existenz geht“, betonte Paulat, die auch Präsidentin des Deutschen Sozialgerichtstages ist.
Die Bearbeitungszeit für Klagen von Krankenversicherten oder Rentnern würden damit steigen. „Dabei ist es unser Ziel, die Verfahrensdauer zu verkürzen“, meinte die Juristin. „Aber die Entscheidungen sollen ja auch gründlich und richtig sein.“ Derzeit müssten Kläger im Durchschnitt 15 Monate warten, bis sie bei den Sozialgerichten in Berlin und Brandenburg ein Urteil erhielten. „Auch unser Problem mit den Altfällen wird dadurch nicht kleiner.“
Vorbeugen könnten die Gerichte aber kaum. „Das kommt über uns – vor allem auf die Richter in erster Instanz“, sagte Paulat. Das Personal werde nach besten Kräften versuchen, die Fälle zügig abzuarbeiten. „Wir werden die Entwicklung beobachten und je nach Bedarf auf die Justizverwaltung zugehen und Hilfe einfordern.“ Bereits in diesem Jahr seien die Sozialgerichte wegen der vielen Klagen zu Hartz IV personell verstärkt worden.
In diesem Jahr wird es keinen Hartz-IV-Kompromiss mehr geben. Die dazu eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe kommt das nächste Mal erst wieder am 7. Januar zusammen. Damit gibt es zum 1. Januar kein neues Gesetz. Dies hatte das Bundesverfassungsgericht aber gefordert, als es die bisherige Regelung für verfassungswidrig erklärt hatte. Hartz-IV-Empfänger könnten damit gegen die Bescheide der Behörden vorgehen.