Nach dem Sturm auf die Gaza-Flotte wächst der Druck auf Israel, die Gaza-Blockade aufzuheben. Uno-Generalsekretär Ban kritisierte sie als “unrecht“.
Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon hat Israel in aller Deutlichkeit aufgefordert, die Gaza-Blockade mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Sie „ist kontraproduktiv, nicht nachhaltig und unrecht“, sagte Ban am Mittwochabend vor Journalisten in New York. Die schon seit Jahren anhaltende Isolation des Gazastreifens „straft unschuldige Bürger“, bekräftigte Ban. Er habe Israels Regierung seit Monaten „auf höchster Ebene“ zum Einlenken gedrängt. Wenn sie seinem Ruf gefolgt wäre, hätte sich die blutige Konfrontation im Mittelmeer nicht ereignet. „Die Tragödie unterstreicht nur die Schwere des ihm zugrundeliegenden Problems“.
Israel müsse nach dem Tod von Aktivisten auf den mit Hilfsgütern für den Gazastreifen beladenen Schiffen nun einen detaillierten Bericht über das Geschehen abgeben. Auf die Frage, wann und in welcher Form er die Vorgänge klären lassen werde, erwiderte Ban: „Bis zu meiner Entscheidung müssen Sie noch eine Weile warten“. Er werde zunächst im Gespräch mit allen Betroffenen, den Israelis einschließlich, Vorschläge sammeln.
Der Uno-Sicherheitsrat hatte sich am frühen Dienstag nach langen Verhandlungen auf die Forderung nach „glaubhaften und transparenten“ Ermittlungen der Ereignisse im Mittelmeer verständigt. Der Menschenrechtsrat in Genf beschloss am Mittwoch, ein unabhängiges internationales Team mit der Untersuchung zu beauftragen. Die USA ließen durchblicken, dass Israel die Klärung selbst liefern könnte. Sie wiesen auch daraufhin, dass sie vor der Erstürmung der Gaza-Hilfsflotte Israel wiederholt zu „Vorsicht und Zurückhaltung“ aufgefordert hatten. Dies teilte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, in einer Antwort auf eine Anfrage der „Washington Post“ mit. Crowley sagte nach Angaben des Blattes vom Donnerstag, die USA hätten Israel über zahlreiche Kanäle häufig dazu kontaktiert. Die US-Regierung habe Wert auf „Vorsicht und Zurückhaltung“ gelegt, da es an Bord der Schiffe Zivilisten, darunter US-Bürger, gegeben habe.
Angesichts der weltweiten Kritik am israelischen Vorgehen gegen die Hilfsflotte für den Gazastreifens verteidigte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu die Abriegelung des Palästinensergebietes. Nur so könne verhindert werden, „dass Gaza ein iranischer Hafen wird, der eine Gefahr für das ganze Mittelmeer darstellt“, sagte er am Mittwochabend in einer kurzen Fernsehansprache. „Es ist unsere Pflicht, alle Schiffe zu kontrollieren, die ankommen.“ Wenn nicht, werde der Iran versuchen, die Kontrolle über Gaza zu übernehmen. Die Aufrechterhaltung der Seeblockade sei zur Selbstverteidigung Israels notwendig, betonte Netanjahu. „Unsere Sicherheit geht über alles.“
Zu dem gestürmten Schiffskonvoi sagte Netanjahu: „Das war keine Flotte der Liebe, das war eine Flotte des Hasses. Das war keine friedliche Aktion, das war eine terroristische Aktion.“ Der Konvoi aus sechs Schiffen wollte Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen, der von Israel seit der Machtübernahme der radikalen Palästinenserorganisation Hamas im Sommer 2007 blockiert wird. Die Schiffe wurden am Montagmorgen von der israelischen Armee gestürmt, dabei wurden mindestens neun Aktivisten getötet. Insgesamt waren nach israelischen Angaben 682 Menschen aus 42 Ländern auf den sechs Schiffen. Sie wurden festgesetzt, inzwischen aber laut israelischen Angaben alle wieder freigelassen .
Am Donnerstagmorgen kamen Hunderte aus israelischer Haft freigelassene Aktivisten in Istanbul an. Die Passagiere der drei Flugzeuge wurden unter anderem vom türkischen Vize-Regierungschef Bülent Arinc begrüßt, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira. Sie seien als „Helden“ gefeiert worden. Die meisten der Freigelassenen sind Türken. Zuvor waren bereits Verletzte nach Ankara ausgeflogen worden.