Nach Angaben eines Steuerschätzers fehlen der Regierung 2011 neun Milliarden Euro. Die FDP hält Steuersenkungen dennoch für möglich.
Die Bundesregierung muss nach Angaben eines Experten bei der Steuerschätzung Anfang Mai mit weniger Einnahmen als erwartet rechnen. „Im Vergleich zur Prognose von vor einem Jahr fehlen ab 2011 Jahr für Jahr fünf bis neun Milliarden Euro“, sagte der Finanzexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Alfred Boss, dem „Handelsblatt“ vom Montag. Auch im laufenden Jahr dürften die Einnahmen mit 513 bis 515 Milliarden Euro Einnahmen um etwa sechs Milliarden hinter dem Vorjahresergebnis zurückbleiben, erwartet der Steuerschätzer
Der Spielraum für Steuerentlastungen ist nach Auffassung der FDP dennoch weiterhin gegeben. "Die Interpretationen des Handelsblattes zur anstehenden Steuerschätzung überzeugen nicht", sagte der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms dem "Hamburger Abendblatt" (Dienstagsausgabe). "Vor einem Jahr haben die Steuerschätzer für 2010 Einnahmen von 510,4 Milliarden Euro vorhergesagt. Die im Handelsblatt zitierten neuen Zahlen zeigen: Trotz der zu Jahresbeginn beschlossenen steuerlichen Entlastung werden die Steuereinnahmen mit den erwarteten 513 bis 515 Milliarden Euro in diesem Jahr um bis zu 5 Milliarden Euro höher sein als ursprünglich geschätzt." Solms bekräftigte: "Der Spielraum für Entlastungen ist also keineswegs geschrumpft." Allein aufgrund der kalten Progression werde der Staat bis 2014 12 Milliarden Mehreinnahmen haben, rechnete Solms vor. "Das zeigt, dass die FDP mit ihren Steuersenkungsplänen genau richtig liegt. Wir konzentrieren uns darauf, die von der kalten Progression besonders hart betroffenen Steuerzahler zu entlasten."
Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) entgegnete gegenüber dem "Hamburger Abendblatt": „Die offiziellen Zahlen der Steuerschätzung liegen noch nicht vor, doch ich rechne nicht mit einer veränderten Situation. Es wird dann sicherlich kein Manna vom Himmel regnen und die klammen öffentlichen Kassen füllen." In der jetzigen Wirtschafts- und Finanzkrise gelt es, die richtigen Prioritäten zu setzen. "Für mich hat die Gesundung der öffentlichen Finanzen Priorität. Dazu haben wir uns mit der Schuldenbremse im Grundgesetz verpflichtet. Alles andere ist Politik auf Kosten nachfolgender Generationen. Deshalb sehe ich in der gegenwärtigen Lage keinen Spielraum für Steuersenkungen – weder zeitlich gestreckt noch in Stufen gestaffelt.“