In Deutschland sind noch nie so viele Ermittlungen gegen islamistische Terrorverdächtige gelaufen wie zurzeit. Das BKA warnt vor allem vor Konvertiten.
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat einen neuen Höchststand bei den Ermittlungsverfahren gegen islamistische Terrorverdächtige gemeldet. „Bundesweit laufen gegenwärtig 350 Ermittlungsverfahren mit islamistischem Hintergrund, so viele wie noch nie“, sagte BKA-Chef Jörg Ziercke der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Montag. Allein das Bundeskriminalamt bearbeite 220 Verfahren, fast die Hälfte davon beträfen Anschläge in Afghanistan. „Hier spiegeln sich die vermehrten Angriffe auf deutsche Soldaten wider“, sagte Ziercke.
In Deutschland zählt das BKA nach Aussage Zierckes aktuell etwa 1100 Menschen zum „islamistisch-terroristischen Personenpotenzial“, wie die Zeitung weiter berichtete. Die Sicherheitsbehörden hätten bundesweit inzwischen 127 Gefährder im Visier. Seit Anfang 2009 sei zu beobachten, „dass sich Reisen aus Deutschland in Ausbildungslager häufen“. Allein im vergangenen Jahr hätten sich mehr als 30 junge Menschen nach Afghanistan oder Pakistan abgesetzt. „Am Hindukusch hat sich inzwischen eine deutsche Gemeinschaft etabliert. Diese Gruppe von aktuell zehn bis zwölf Personen versucht mit deutscher Dschihad-Propaganda weitere Landsleute zu gewinnen, leider mit Erfolg.“
Zum Islam übergetretene Deutsche stellen BKA ein immer größeres Sicherheitsrisiko dar. Das berichtet das Magazin „Focus“ unter Berufung auf eine vertrauliche BKA-Analyse. Demnach stufen Polizeibehörden von Bund und Ländern derzeit elf Konvertiten als „Gefährder“ und 26 als „relevante Personen“ ein, darunter drei Frauen. Die Muslime im Alter zwischen 20 und 42 Jahren stehen dem Bericht zufolge im Verdacht, Terroranschläge in der Bundesrepublik zu planen.
Den radikalen Konvertiten dienen nach dem BKA-Papier „bestimmte Moscheen“ als Anlaufpunkte – laut „Focus“ Einrichtungen im Raum Ulm/Neu-Ulm sowie die Al-Kuds-Moschee in Hamburg, wo sich einige Attentäter des 11. September 2001 getroffen hatten, darunter Mohamed Atta und Ziad Jarrah. Etwa ein Drittel der als bedrohlich eingestuften Konvertiten lebten in Baden-Württemberg, fünf in Bremen, jeweils vier in Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Dort hatte die Polizei 2007 die konvertierten „Sauerland-Terroristen“ Fritz Gelowicz und Daniel Schneider verhaftet. Im März 2010 wurden sie zu jeweils zwölf Jahren Haft verurteilt.
Die Terroranschlagsgefahr für Deutschland bleibt nach Einschätzung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, sehr hoch. Er sagte am Samstag im Südwestrundfunk, man habe es mit Leuten zu tun, die entschlossen seien, überall auf der Welt, auch in Deutschland, den gewalttätigen Heiligen Krieg (Dschihad) zu führen. Islamisten schlachteten die tödlichen Angriffe auf Bundeswehrsoldaten in Afghanistan propagandistisch aus. Sie begrüßten die Anschläge als einen Schritt, die Bundeswehr aus Afghanistan zu vertreiben und zu besiegen.
Im Visier des Verfassungsschutzes stehe auch die Gruppe Deutsche Taliban Mujaheddin, die kürzlich ein Video ins Internet gestellt hatte, sagte Fromm. Außer dem deutschen Konvertiten Eric Breininger seien die Mitglieder aber noch nicht identifiziert.