Aus Ärger über die Politik seiner Partei will der FDP-Abgeordnete Rainer-Michael Lehmann zur SPD wechseln. Die Liberalen werfen ihm Heuchelei vor.
Berlin. Der Berliner FDP-Landespolitiker Rainer-Michael Lehmann verlässt die Liberalen und wechselt zur SPD. Der 49-Jährige erklärte seinen Übertritt in einem Brief an den SPD-Landespartei und -Fraktionschef Michael Müller, wie ein Sprecher bestätigte. Lehmann begründete seinen Schritt mit der zunehmenden „sozialen Kälte“ in der FDP.
„Die programmatische Ausrichtung der Partei kann nur noch als Angriff auf den Sozialstaat verstanden und von mir nicht länger mitgetragen werden“, schreibt der aus dem Osten Berlins stammende Lehmann nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“ in einem Brief an die Berliner Liberalen. Seit geraumer Zeit habe er mit zunehmender Sorge beobachtet, wie sich die FDP „von den sozialliberalen Grundwerten durch eine Überbetonung des Leistungsgedankens und eine massive Mittelumverteilung“ abgewandt habe. Sein Mandat im Abgeordnetenhaus wolle er aber behalten, sagte Lehmann der RBB-Welle RadioBerlin.
Bei der Berliner FDP stieß Lehmanns Schritt auf scharfe Kritik. Die angeführten Gründe für seinen Fraktionsaustritt seien „vorgeschoben und sachlich falsch“, erklärte Fraktionschef Christoph Meyer in Berlin. Lehmann habe in der Fraktion keinerlei Kritik am sozialpolitischen Kurs der Liberalen geäußert. Lehmann „hatte nie auch nur die geringsten Schwierigkeiten, auch einen scharfen sozialpolitischen Kurs mitzutragen, solange er stellvertretender Fraktionsvorsitzender sein konnte“. Landesparteichef Markus Löning forderte Lehmann bei Tagesspiegel.de auf, sein Mandat niederzulegen.
Der Übertritt Lehmanns zur SPD sichert Berlins rot-roter Koalition auch für den Fall ihre knappe Zwei-Stimmen-Mehrheit, dass der in eine Bauaffäre verwickelte SPD-Abgeordnete Ralf Hillenberg aus seiner Fraktion ausgeschlossen werden sollte. Dieser war in die Kritik geraten, nachdem bekannt geworden war, dass er als Bauunternehmer von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE Aufträge ohne Ausschreibung erhalten hatte. Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus wollte am Dienstag über einen Ausschluss Hillenbergs beraten. Sie hat ihm bereits nahegelegt, von sich aus sein Mandat niederzulegen.