Der FDP-Chef sorgt mit seiner Hartz-IV-Kritik weiter für Empörung. DGB-Vorstand Hexel bezweifelt, dass die FDP regierungsfähig ist.
Hamburg. Jetzt steht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf gegen die umstrittenen Äußerungen des FDP-Chefs Guido Westerwelle . DGB-Vorstand Dietmar Hexel stellt im Hamburger Abendblatt die Regierungsfähigkeit der Liberalen in Frage. „Es liegt vor allem an der FDP, dass wir als Land so nicht richtig regierungsfähig sind“, sagte Hexel. „Etwas sarkastisch: Wir können ja fast schon froh sein, dass es noch die CDU gibt und nicht nur die FDP.“
Der DGB macht auch deshalb mobil, weil in gut einer Woche bundesweit Betriebs- und Personalratswahlen anlaufen, die nur alle vier Jahre stattfinden. Und da steht noch die Forderung von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) nach einem Ehrenkodex für Betriebsräte im Raum. Der Kodex soll sie dazu verpflichten, ihre Bezüge offen zu legen. Hexel sagte: „Die FDP kennt anscheinend die Praxis der Betriebsräte gar nicht. Das ist auch ein politisches Ablenken von einem anderen Thema: der Managervergütung. Das ist ähnlich wie in der Diskussion um die Steuersünder-CD: Anstatt, dass wir darüber reden, dass die Daten veröffentlicht werden, wird darüber diskutiert, dass es ja auch Hartz-IV-Missbrauch gibt. Das ist dieselbe Ablenkungsstrategie.“
Aber auch die Betriebsräte sind unter Druck, seit sich in ihren Reihen Ungereimtheiten und sogar kriminelle Machenschaften gezeigt haben. In die VW-Affäre um versteckte Millionenzahlungen, Lustreisen und Prostituierte waren nicht nur Vorstände wie Peter Hartz, sondern auch der Betriebsratsratsvorsitzende Klaus Volkert verwickelt. Bei Siemens wurde Betriebsrat Wilhelm Schelsky wegen seiner betrügerischen Machenschaften verurteilt. Dies jetzt sind die ersten Betriebsratswahlen nach den Skandalen.
DGB-Vorstand Hexel sagte: „Das sind Vorgänge, die nicht gebilligt werden können. Bei über 300.000 ehrlichen Betriebsratsmitgliedern hätten solche Einzelfälle von krimineller Energie auch nicht durch die Transparenzregel verhindert werden können.“ Brüderles „Ethikkodex“ hält er für überflüssig: „Da kann man sich schon fragen, was Herr Brüderle hineinschreiben will. Wir hatten schon immer einen Verhaltenskodex für Betriebsratsmitglieder. Der ist schlicht und lautet: Ein Betriebsrat hat die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten, sich keine privaten Vorteile zu verschaffen und sich laufend qualifizieren. Tut er das nicht, riskiert er, nicht mehr aufgestellt zu werden.“ Die Betriebsräte, die im DGB organisiert seien, müssten ohnehin 90 Prozent ihrer Vergütung an die Hans-Böckler-Stiftung abführen.
Der DGB rechnet bei den Betriebsratswahlen mit regem Interesse: „Die Wahlbeteiligung bei den Betriebsratswahlen wird vermutlich so hoch sein wie beim letzten Mal. Wir rechnen mit mindestens 80 Prozent. Das ist auch ein Test dafür, wie die Zustimmung zu den Gewerkschaften in den Betrieben ist“, sagte Hexel.