Wie soll es nach dem Hartz-IV-Urteil weitergehen? CSU-Chef Seehofer fordert regional angepasste Sätze, die FDP weitere Steuersenkungen.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Hartz-IV-Regelsätze für verfassungswidrig erklärt hat, plädiert CSU-Chef Horst Seehofer für eine umfassende Neuregelung des Arbeitslosengeldes II. Unter anderem sollten die Regelsätze an die regional unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten angepasst werden, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Süddeutschen Zeitung“.
Ein Urteil und seine Folgen: Was man wissen muss
Auch müssten künftig wieder Zahlungen für einmalige Anschaffungen möglich sein, etwa für den Kauf einer Waschmaschine. „Es geht nicht, dass für solche Situationen gesammelt werden muss oder die Sozialverbände helfen. Das ist eines Sozialstaats unwürdig.“
Zugleich will Seehofer Hartz-IV-Empfänger strenger mit Leistungskürzungen bestrafen, wenn sie eine zumutbare Arbeit ablehnen. Bislang sei dies im Gesetz nur „gummiweich“ formuliert, so dass in Bayern beispielsweise sehr streng sanktioniert werde, in Berlin hingegen nicht. „Da brauchen wir striktere Regeln, die bundesweit einheitlich sind“, forderte der CSU-Chef.
Zu der auch von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angestoßenen Debatte über Sach- statt Geldleistungen für Hartz-IV-Empfänger sagte Seehofer: „Das ist eine abenteuerliche Diskussion.“ Bevor über Sachleistungen nachgedacht werden könne, müsse zunächst die Höhe der Regelsätze geklärt werden. Von der Idee, Gutscheine zu verteilen, halte er wenig. Das führe zu einem öffentlichen „Outing“ der Betroffenen.
FDP-Chef und Vizekanzler Guido Westerwelle zog indes andere Schlüsse aus dem Hartz-IV-Urteil. Die Diskussion über das Karlsruher Urteil trage „sozialistische Züge“, kritisierte der FDP-Vorsitzende in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „Die Welt“. „Wie in einem pawlowschen Reflex wird gerufen, jetzt könne es erst recht keine Entlastung der Bürger mehr geben, das Geld brauche man für höhere Hartz-IV-Sätze.“
Statt über die Frage zu diskutieren, wer mehr staatliche Leistungen bekommt, sollten die Leistungen des Steuerzahlers in den Mittelpunkt gerückt werden. „Dieses Umsteuern ist für mich der Kern der geistig-politischen Wende, die ich nach der Diskussion über die Karlsruher Entscheidung für nötiger halte denn je“, schrieb Westerwelle. Er hält darum trotz der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neuberechnung der Hartz- IV-Sätze an seiner Forderung nach Steuersenkungen fest.