Der Machtkampf in der Bundes-SPD spitzt sich zu. Einem Medienbericht zufolge streben Andrea Nahles und Sigmar Gabriel die Parteiführung an.
Essen. Im Ringen um die neue Führungsstruktur der SPD zeichnet sich einem Bericht der WAZ-Mediengruppe eine Alternative zu Frank-Walter Steinmeier ab. In SPD-Kreisen seien Umweltminister Sigmar Gabriel als Parteichef und die Parteilinke Andrea Nahles als Generalsekretärin im Gespräch, heißt es in einer Pressemitteilung der Mediengruppe. Als Stellvertreter werden nach diesem Modell der bisherige Arbeitsminister Olaf Scholz, Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit und die Chefin der NRW-SPD, Hannelore Kraft, genannt. Steinmeier soll sich nach den Planspielen auf den Fraktionsvorsitz konzentrieren.
Eine Entscheidung über die künftige Struktur sei aber noch nicht gefallen, wie es weiter hieß. Offen ist auch, wie sich SPD-Chef Franz Müntefering und Steinmeier verhalten wollen. Steinmeier will die heutige Wahl in der Fraktion abwarten. Bei einem Treffen mit Landes- und Bezirkschefs wurde Steinmeier indirekt ermuntert, auch den Parteivorsitz anzustreben. Wie Teilnehmer berichten, mahnte der frühere Parteichef Kurt Beck, in der Opposition gehörten Führung von Partei und Fraktion in eine Hand.
Zuvor waren bereits Spekulationen über Änderungen an der SPD-Spitze bekannt geworden. Nach einem Bericht des RBB-Radios 88,8 gibt es ein internes Papier der Berliner SPD, das diesen Schluss nahelegt. Danach sollen nicht nur der Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier, Parteichef Franz Müntefering und Stellvertreter Peer Steinbrück die Segel streichen, sondern es soll auch inhaltliche Änderungen geben: Die Agenda 2010 soll umgeschrieben, Hartz IV in der bisherigen Form abgeschafft werden.
Der Sprecher des konservativen „Seeheimer Kreises“, der Hamburger Abgeordnete Johannes Kahrs, empfahl im Deutschlandfunk, dass Frank-Walter Steinmeier neben dem Fraktionsvorsitz nicht noch Parteichef wird. „Das sollte man keinem Menschen zumuten, beide Aufgaben gleichzeitig zu übernehmen.“ Auch der SPD-Linke Ottmar Schreiner machte sich für eine Verteilung der Aufgaben stark: „Ich hielte eine Zweierlösung für sinnvoller. Wir haben eine Reihe von auch jüngeren Kräften, die jetzt dringendst gefordert sind, Führungsverantwortung wahrzunehmen“, sagte Schreiner in der ARD.
„Wir haben kategorisch erklärt, auf der Bundesebene geht es mit der Linkspartei nie und nimmer, es ist wirklich eine Tabuisierung. Ich plädiere dafür, dass dieses Tabu wegfällt“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit in der ARD-Talksendung Beckmann. „Es nutzt keinem zu sagen: Das sind die Schmuddelkinder der Nation.“
Die SPD-Bundestagfraktion wählt am Nachmittag den Nachfolger von Peter Struck als Fraktionschef. Das soll Steinmeier werden. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hatte signalisiert, dass er sich möglicherweise von diesem Amt zurückziehen wird. Weder Kahrs noch Schreiner wollten sich auf Namen für Nachfolger festlegen. „Da gibt es viele bei uns, die das könnten“, sagte Kahrs. Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, forderte eine Verjüngung der Parteiführung. Auch er nannte keine Namen: „Das würde nur einen Keil in die SPD treiben."