Indien prüft Kauf von Eurofightern. Merkel stiftet ihren Nehru-Preis für Studenten und spielt den Eklat um das Flugverbot über Iran herunter.

Neu Delhi. Indien und Deutschland wollen bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus künftig stärker zusammenarbeiten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich bei ihrem Besuch in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi erneut für eine politische Lösung in Afghanistan aus. Die Herausforderungen in Afghanistan seien „ernst“, sagte sie. Die Kanzlerin beriet mit dem indischen Premierminister Manmohan Singh über die regionale Stabilität, aber auch über Wirtschaftsfragen, Rüstung und Atomenergie. Deutschland richtet Ende des Jahres die nächste Afghanistan-Konferenz aus, die sich auch mit einem möglichen Friedensabkommen zwischen den aufständischen Taliban und der Regierung befassen will. Afghanistan brauche eine „unabhängige Sicherheitsarchitektur“, um künftig gegen Terrorismus geschützt zu sein, sagte Merkel.

Singh erklärte, Terrorismus müsse „an allen Fronten“ bekämpft werden. In Indien wächst die Sorge, dass Afghanistan nach Abzug der Nato-Truppen zu stark unter den politischen Einfluss Pakistans gelangen könnte. Die beiden verfeindeten Nachbarn haben sich in den 90er-Jahren einen Stellvertreterkrieg in Afghanistan geliefert. Indien sieht eine Beteiligung der Taliban an der afghanischen Regierung kritisch. Die Nato will bereits in einem Monat mit dem stufenweisen Abzug der Truppen vom Hindukusch beginnen, der bis 2014 abgeschlossen sein soll. Auf Anregung der Kanzlerin hielten Indien und Deutschland zum ersten Mal gemeinsame Regierungskonsultationen ab.

Die aufstrebende Wirtschaftsmacht mit über 1,2 Milliarden Einwohnern gilt als wichtiger Zukunftsmarkt, aber auch als ein strategischer Partner auf internationaler Ebene. Auf der Tagesordnung standen Themen wie Energie, Bildung, Wirtschaft und Technologie. Neben der Kanzlerin nahmen unter anderem auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP), Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) and den Beratungen teil. Indien ist die erste asiatische Nation, mit der Deutschland sich auf Kabinettsebene trifft.

Ein Thema des Treffens war auch der Eurofighter. Deutschland und der EADS-Konzern wollen Indien 126 dieser Kampfflugzeuge im Wert von rund zehn Milliarden Dollar verkaufen. Ein Abschluss wurde erwartungsgemäß nicht erzielt, aber Merkel zeigte sich zuversichtlich. „Ich glaube, dass wir ein gutes Angebot auf den Tisch gelegt haben“, sagte sie. Sie habe keinen Zweifel, dass dieses Angebot fair geprüft werde.

Auch die Nachfolge für den Chefposten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) war ein Thema bei den Regierungskonsultationen. Merkel zeigte sich zufrieden mit der Äußerung Singhs, der sich für eine „qualifizierte Persönlichkeit“ ausgesprochen hatte. „Insofern ist das durchaus eine Offenheit, jetzt kein Bekenntnis, aber eine Offenheit, dass nicht die Herkunft zählt, sondern erst einmal die Eignung“, sagte Merkel mit Blick auf den europäischen Vorschlag, die französische Finanzministerin Christine Lagarde auf den Posten zu heben. Der bisherige IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn war am 18. Mai zurückgetreten, nachdem er in New York der versuchten Vergewaltigung einer Hotelangestellten beschuldigt worden war.

Am Dienstagabend sollte Merkel in Neu Delhi für ihr politisches Engagement zudem noch der mit 150.000 Euro dotierte Nehru Award for International Understanding verliehen werden. Das Geld stellte Merkel für Stipendien zur Verfügung, die indischen Studenten in Deutschland zu gute kommen.

Bei Merkel Hinflug gab es einen Eklat: In einem beispiellosen diplomatischen Affront hat der Iran Merkel in der Nacht zum Dienstag vorübergehend die Nutzung seines Luftraums untersagt. Merkel traf deshalb mit zweistündiger Verspätung in Indien ein. Das Auswärtige Amt bestellte wegen des Vorfalls den iranischen Botschafter ein. Außenminister Westerwelle bezeichnete die Behinderung des Flugs als absolut inakzeptabel. „Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber Deutschland, die wir nicht hinnehmen werden.“ Merkel demonstrierte dagegen Gelassenheit und sagte, das Wichtigste sei ihre Ankunft zu den deutsch-indischen Regierungskonsultationen in Neu-Delhi.

Kurz nachdem der Regierungs-Airbus A340 „Konrad Adenauer“ in den iranischen Luftraum geflogen war, entzog der Iran der Maschine die zuvor erteilten Überflugrechte wieder. Das Flugzeug musste zurück in die Türkei fliegen. Erst nach mehr als einstündigen Verhandlungen, in die auch die Türkei und das Auswärtige Amt in Berlin einbezogen wurden, revidierte die iranische Seite ihre Entscheidung, sodass Merkel wieder Richtung Indien fliegen konnte. Ein zweites deutsches Regierungsflugzeug mit etlichen Bundesministern an Bord, das etwas früher aus Berlin losgeflogen war, konnte Iran dagegen offenbar problemlos überqueren. Verteidigungsminister Thomas der Maiziere, Innenminister Hans-Peter Friedrich, Wissenschaftsministerin Annette Schavan und Verkehrsminister Peter Ramsauer erreichten Indien planmäßig.

„Einen solchen Vorfall hat es noch nicht gegeben“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Offene Kritik an Iran äußerte er nicht. Der Vorfall sei aber „zumindest ungewöhnlich“. Die EU hatte erst vor wenigen Tagen neue Sanktionen gegen Iran im Zusammenhang mit dem umstrittenen Atomprogramm verhängt. Als Grund für die entzogene Überfluggenehmigung waren in der deutschen Delegation zunächst nur „Koordinierungsprobleme„ genannt worden.

Später habe der iranische Botschafter Ali Resa Scheikh Attar in Berlin einem Zeitungsbericht zufolge den Piloten für die verweigerte Überflugerlaubnis verantwortlich gemacht. Der Pilot der Regierungsmaschine habe das falsche Rufzeichen gegeben, sagte Ali Resa Scheikh Attar am Mittwoch der „Financial Times Deutschland". „Es war der Fehler des Piloten. Er hat den Code für die Rückkehr angegeben, nicht den für den Eintritt in den Luftraum.“ Es sei ein rein technisches Problem gewesen, das er persönlich in der Nacht innerhalb von 20 Minuten hätte lösen können.

„Wir sollten so etwas nicht politisieren“, wurde der Diplomat zitiert. Bedauerlich sei, dass „gewisse Nachrichtensender“ einen Vorfall komplizieren würden, bei dem es sich lediglich um menschliches Versagen gehandelt habe. Er erwarte zwar keine Entschuldigung Deutschlands wegen der Anschuldigungen aus Berlin. „Aber es sollte eine Klarstellung geben, dass es nur ein technisches Problem war“, sagte der Botschafter. Im Iran sei man über die Vorwürfe aus Deutschland sehr überrascht.

(dapd/dpa/rtr)