Umweltminister Norbert Röttgen schließt ein Scheitern schon nicht mehr aus, die Uno warnt davor. Greenpeace besetzt derweil ein Kohlekraftwerk.
Cancun. Beim Klimagipfel im mexikanischen Cancun geht es nicht richtig voran. Und in Europa protestiert Greenpeace erneut mit einer spektakulären Aktion. Umweltaktivisten haben das in Bau befindliche Kohlekraftwerk des Energieversorgers RWE in Eemshaven auf der niederländischen Seite der Emsmündung besetzt. In fast 100 Meter Höhe hätten elf Aktivisten zwischen drei Baukränen ein schwebendes Zelt befestigt, teilte die Umweltschutzorganisation mit. Für den Abend sei ein Fackelumzug aus Protest gegen den Kraftwerksbau geplant. Auch der Versorger Nuon plane ein Kohlekraftwerk in Eemshaven. „Während auf dem Klimagipfel in Cancún nach einer Lösung für gefährliche Klimaveränderungen gesucht wird, investieren diese Energiegiganten weiter in altmodische und umweltverschmutzende Kohlekraftwerke“, sagte Greenpeace-Sprecherin Agnes de Rooij in Amsterdam.
In Cancun geht die Weltklimakonferenz in die Schlussphase. Mit eindringlichen Worten haben die Vertreter besonders bedrohter Inselstaaten an die Delegierten appelliert und die Unterhändler zu konkreten Schritten aufgefordert. „Der Ozean, der uns bis jetzt ernährt hat, droht uns nun zu verschlingen“, sagte der Präsident des Pazifik-Staats Palau, Johnson Toribiong. Der Ernst der Lage sei in den wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Diskussionen auf der Konferenz teilweise aus den Augen verloren worden, kritisierte der Präsident des Inselstaates Nauru, Marcus Stephen.
Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon eröffnete die Ministerrunde mit einem eindringlichen Appell zu mehr Anstrengungen beim Klimaschutz. „Ich fürchte, unsere Anstrengungen reichen bislang nicht aus“, sagte Ban. „Wir haben die Herausforderung noch nicht angenommen.“ Zwar hätten die Industriestaaten bereits fast 30 Milliarden Dollar (22 Milliarden Euro) für den Klima-Fonds zur Unterstützung ärmerer Länder bis 2012 gesammelt, doch fehlten immer noch Zusagen für den bei der Klimakonferenz im vergangenen Jahr in Kopenhagen angekündigten Klima-Fonds in Höhe von 100 Milliarden Dollar (73 Milliarden Euro) bis zum Jahr 2020, sagte Ban.
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) schloss unterdessen ein Scheitern der Konferenz nicht mehr aus . Er könne nicht garantieren, „dass wir mit einem Ergebnis nach Hause fahren“, sagte Röttgen am Dienstag in Cancún. „Es gestaltet sich schwierig, hier in den einzelnen Bereichen zu Ergebnissen zu kommen“, sagte er und verwies darauf, dass nicht einmal in Verfahrensfragen Einigkeit herrsche. So gebe es immer noch keinen Textentwurf für eine Abschlusserklärung. Gleichwohl lobte der Minister die konstruktive Atmosphäre der Verhandlungen.
Röttgen appellierte insbesondere an die USA und China, sich auf konkrete Schritte im Kampf gegen den Klimawandel einzulassen. „Wir werden das Ziel nur gemeinsam erreichen unter Beteiligung der großen Emissionsländer USA und China.“ Auch der Uno-Generalsekretär machte deutlich, dass jedes Land seinen Beitrag leisten müsse. Er sei sich dessen bewusst, dass die einzelnen Staatschefs in ihren Ländern mit politischen und wirtschaftlichen Forderungen konfrontiert seien, sagte Ban. Dennoch betonte er: „Jedes Land muss und kann mehr tun.“ Das Zeitfenster sei dabei, sich zu schließen, sagte er und verwies auf Berechnungen des Weltklimarats IPCC, wonach der Höhepunkt der weltweiten CO2-Emissionen noch in diesem Jahrzehnt überschritten werden müsse. Es gehe darum, die Menschen vor den Folgen eines „unkontrollierten Klimawandels“ zu schützen.
Die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard mahnte, die versammelten Unterhändler könnten es sich nicht leisten, Cancún mit leeren Händen zu verlassen. Zugleich mahnte sie, dass es leicht sei, den UN-Prozess, der Einstimmigkeit erfordert, zu kritisieren. Allerdings gebe es keine Alternative. „Wir müssen beweisen, dass dieser Prozess auch zu Fortschritten führt“, sagte sie.