Weiblich, erfolgreich und voller Widersprüche. Bilkay Öney, die neue Integrationsministerin Baden-Württembergs, gehört zu Deutschlands neuer Elite.
Stuttgart. Junge Türkinnen erscheinen in der öffentlichen Wahrnehmung entweder als eingeschüchterte Kopftuchmädchen, die die Buchhaltung für Onkel Yildirims Fahrschule machen, oder als aufgedonnerte Lolitas.
Bilkay Öney passt nicht in diese Klischees. Sie kam 1970 bei einer Hausgeburt in Ostanatolien zur Welt, 1973 kam sie zu ihren Eltern nach Berlin, die als Lehrer in Ausgleichsklassen für Gastarbeiterkinder unterrichteten. Sie wuchs in Spandau auf, ging zu den Pfadfindern, guckte "Sesamstraße". Nach dem BWL-Studium begann sie beim türkischen Sender TRT, der gerade in Berlin sein Auslandsstudio aufbaute. Jetzt ist sie Baden-Württembergs künftige Integrationsministerin.
Sie hat selber Reportagen über Migrantenaufsteiger gemacht. "Und ich habe festgestellt: Bei allen erfolgreichen Türkinnen und Türken gab es deutsche Lehrerinnen, Freunde oder Nachbarn, die als Bezugspersonen besonders gefördert und Vertrauen gestiftet haben", sagt sie. "Wenn man zusammen feiert, redet, weint und lacht, dann gibt es ja keinen Grund, in eine Parallelgesellschaft auszuweichen. Viele Kinder bekommen solche Zuwendung leider nicht auf ihrem Weg, auch nicht alle deutschen."
Für Öney sind erfolgreiche Migrantinnen ein wichtiges "role model" - "Elitenbildung ist normal, wir brauchen sie". Hoch qualifizierte Migranten erweisen sich in Deutschland als ebenso unverzichtbar wie in Frankreich oder England: Mit Insiderblick und ohne Sprachbarrieren erkennen sie oft genauer, wo Integrationshemmnisse sind. Linguistinnen entwickeln Sprachförderprogramme für Einwandererkinder, türkische Wirtschaftsexperten beraten Landsleute, die sich selbstständig machen. Darunter seien zunehmend Frauen, sagt der Hamburger Existenzberater Mehmet Keskin.