Die Kassen wollen jetzt über die Ausgaben reden. So könnten etwa Arzthonorare an die wirtschaftliche Entwicklung gekoppelt werden.
Berlin. Bei ungünstigem Konjunkturverlauf könnte 2011 ein 15-Milliarden-Loch in der gesetzlichen Krankenversicherung aufbrechen. Im günstigsten Fall ist nach Einschätzung des Bundesversicherungsamts im kommenden Jahr mit einem Fehlbetrag von 6,4 Milliarden Euro zu rechnen. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte am Donnerstag in Berlin, angesichts dieser Prognosen sei die „entscheidende Botschaft, dass nichts bleiben kann, wie es ist“.
Der Präsident des Bundesversicherungs- amts, Maximilian Gaßner, hatte seine Einschätzung der Entwicklung der Gesundheitskommission der Regierung vorgetragen. Danach gibt es Probleme bei der Erhebung der Zusatzbeiträge wegen der Härtefallklausel, die Zusatzbeiträge auf maximal ein Prozent des Einkommens begrenzt.
Hieraus ergebe sich eine Benachteiligung von Kassen mit geringverdienenden Mitgliedern, heißt es in einem Papier Gaßners für die Regierungskommission, das der „Passauer Neuen Presse“ vorliegt. So könnten im Durchschnitt der gesetzlichen Krankenversicherung maximal 17 Euro Zusatzbeitrag erhoben werden.
Angesichts des Defizits in der gesetzlichen Krankenversicherung haben die Kassen die Regierungskommission aufgefordert, ihren Auftrag zu erweitern. Die acht Bundesminister müssten nicht nur über die Einnahmen, sondern auch über die Ausgaben reden, forderte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer.
Als Sparmöglichkeiten nannte Pfeiffer in der „Passauer Neuen Presse“, die Arzthonorare an die wirtschaftliche Entwicklung zu koppeln. „Im Krankenhausbereich könnte man durch mehr Wettbewerb günstigere Konditionen für die Krankenkassen ermöglichen“, fügte sie hinzu.
Als erster Chef einer großen gesetzlichen Krankenkasse hat sich der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Norbert Klusen, hinter die Pläne von Gesundheitsminister Rösler für eine Kopfpauschale gestellt. Klusen sagte dem „Hamburger Abendblatt“: „Rösler hat recht, wenn er sagt: Der Sozialausgleich kann genauso gut über das Steuersystem erfolgen.“
Unterdessen teilte der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) mit, die Alterungsrückstellungen (für die Deckung der Risiken aller Versicherten) in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung seien 2009 um weitere 10 Milliarden auf jetzt 144 Milliarden Euro angewachsen. Vorsitzender Reinhold Schulte sagte: „Während die gesetzlichen Krankenkassen in diesem Jahr fast 16 Milliarden Euro vom Staat benötigen, was einer zehnprozentigen Beitragserhöhung entspräche, kommt die private Krankenversicherung ohne Steuerzuschuss und ohne Schulden aus.“