Verteidigungsminister Guttenberg hält Grundsatzrede in Hamburg. Guido Westerwelle soll über weiteren Einsatz im Libanon entscheiden.
Hamburg. Die Bundeswehr steht aus Spargründen vor der Schließung zahlreiche kleiner Kasernen und anderer Standorte. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) kündigte am Mittwoch in einer Grundsatzrede in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg an, „Standorte unterhalb einer bestimmten Dienstpostenzahl“ sollten wegfallen. Wo diese Grenze liegt, wollte der Minister nicht sagen.
Die betroffenen Soldaten sollen umziehen: Guttenberg kündigte an, „die Belegungsdichte anderer Standorte weiter zu heben“. Zurzeit ist jeder Standort im Schnitt mit 900 Soldaten belegt, das ist Guttenberg zu wenig. Vom Widerstand der betroffenen Gemeinden und Bundesländer will sich der Minister nicht erweichen lassen. Er erwarte „eine muntere Diskussion, vor der wir stehen“. Die Bundeswehr schloss vor wenigen Jahren einen Reihe von Standorten, was viel Ärger mit den örtlichen Politikern auslöste. „Regionalpolitische Gesichtspunkte sind zweitrangig“, sagte er laut Mitteilung der Bundeswehr vor zahlreichen Generälen und Admiralen.
Der CSU-Politiker bekräftigte seine Bereitschaft zu einem scharfen Sparkurs bei den Streitkräften und nannte ein Sparziel von mehr als einer Milliarde Euro. Er nannte aber keine konkreten Rüstungsprojekte, die gestrichen werden sollen. „Einzeleingriffe in den Beschaffungsplan“ würden nicht ausreichen, stattdessen gehe es um das Absenken des gesamten Verteidigungshaushaltes. Dazu nannte er die Senkung von Personalausgaben „unabwendbar“.
Der Minister erwartet in diesem Zusammenhang außerdem eine weitere Diskussion über die Wehrpflicht. „Wir müssen sehen, wie sich diese Diskussion weiter entwickelt“, sagte er. „Die Gretchenfrage in diesem Prozess wird der Fortbestand der Wehrpflicht werden, die neben der sicherheitspolitischen Ableitung jedoch hinsichtlich Regenerationsfähigkeit und Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft ebenfalls Schlüsselqualität besitzt“, sagte er laut Bundeswehr in der Rede hinter verschlossenen Türen. Die Dauer des Wehrdienstes wurde erst kürzlich auf sechs Monate gesenkt.
Beim Personal will Guttenberg auch umschichten, weg von den Stabsposten hin zu Soldaten im Einsatz. „Das reine Umschichten der Stabslastigkeit der Streitkräfte zugunsten eines höheren Einsatzdispositivs wäre ein notwendiger Schritt innerhalb einer größeren Strukturanpassung“, sagte der Minister.
Am Wochenende hatte der Minister dem „Hamburger Abendblatt“ gesagt, die Aufgabe, der nachfolgenden Generation nicht nur Schulden zu hinterlassen, werde auch an seinem Ressort nicht vorbeigehen. „Ich nehme gerade alle Großvorhaben unter die Lupe. Es ist selbstverständlich, dass es zum Stopp des einen oder anderen Rüstungsprojekts kommen wird.“ Die Grenze in den Etatverhandlungen sei „definitiv dort, wo es um das Leben und die Unversehrtheit unserer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz geht“, betonte Guttenberg.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verlangt nach Presseberichten zunächst 600 Millionen und später mehr als eine Milliarde Euro im Jahr an Einsparungen von der Bundeswehr.
Guttenberg machte klar, dass er nach seinem Bekenntnis zum Sparen auch von den anderen Ministern Beiträge erwartet. Sein Spar-Vorstoß sei „Teil eines Gesamthaushaltes“ und kein „Opferansatz“. Nun müsse sich zeigen, wie mutig die anderen Ressorts seien.
Die Entscheidung über die Zukunft des deutschen Marine-Einsatzes vor der libanesischen Küste liegt nach den Worten von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg beim Auswärtigen Amt. „Das ist eine außenpolitische Entscheidung, die hier zu treffen ist bei Unifil“, sagte Guttenberg am Mittwoch in Hamburg. Die FDP mit ihrem Vorsitzenden und Außenminister Guido Westerwelle stand einer Fortsetzung des seit 2006 laufenden Libanon-Einsatzes bisher kritisch gegenüber. Das aktuelle Mandat, das die Entsendung von 800 Soldaten gestattet, läuft Ende Juni aus.
Guttenberg nannte auch eine Reduzierung der Mandatsobergrenze als Option. Die Frage sei, ob man sich die Führungsfähigkeit in einem solchen Einsatz bewahren wolle oder nicht. „Sollte man sich gegen eine Führungsfähigkeit aussprechen - mit guten Gründen – dann reichen uns 300 Soldaten“, sagte der Minister.
Die deutsche Marine hilft als Teil des UN-Einsatzes Unifil, den Waffenschmuggel an die radikal-islamische Hisbollah zu verhindern. Der Überwachungseinsatz war eine Voraussetzung für das Ende des israelischen Bombardements des Libanon im Sommer 2006. Derzeit tun 230 deutsche Soldaten bei Unifil Dienst.