Hamburg. Der Ex-HSV-Profi spricht über den Alltag in der Corona-Quarantäne, seinen Wechsel nach Wellington und das Leben im Traumland.
Matti Steinmann sitzt gerade beim Abendessen in seiner Wohngemeinschaft in Wellington, als ihn das Abendblatt über Skype erreicht. Seit acht Monaten lebt der ehemalige HSV-Profi in der neuseeländischen Hauptstadt und spielt mit den Wellington Phoenix in der ersten australischen Liga eine starke Saison. Der 25-Jährige ist im Team der Neuseeländer ein feste Größe.
Umso ärgerlicher war es für Steinmann, dass die Saison in Australien bis auf Weiteres unterbrochen wurde. Im Abendblatt-Podcast spricht der Mittelfeldspieler über die Coronakrise in Neuseeland, ein kurioses Isolationscamp in Australien, seinen überraschenden Wechsel vom HSV nach Wellington und sein privates Leben in seinem Traumland.
Über die Coronakrise in Neuseeland: „Die Coronakrise ist auch bei uns angekommen. Es hat sich zuletzt deutlich zugespitzt. Ich bin in Selbstisolation in meiner Wohnung und muss mich noch bis nächsten Dienstag auch noch von meinem Mitbewohner fernhalten. Ich verbringe meine Zeit in meinem Zimmer, gehe spazieren oder joggen. 14 Tage Isolation sind vorgegeben von der Region. Neuseeland hat die höchste Alarmstufe ausgerufen, es sind keine sozialen Kontakte mehr erlaubt. Man darf nur noch in den Supermarkt oder zum Arzt oder zur Apotheke gehen. Ich sitze die Krise hier aus.
Über die Teamquarantäne in Australien: „Wir haben vor drei Wochen noch zu Hause gegen Melbourne vor Zuschauern gespielt. Nach dem Spiel kamen wir in der Kabine zusammen, und es wurde uns mitgeteilt, dass man 14 Tage in Isolation gehen muss, wenn man in Australien oder Neuseeland das Land betritt. Daher mussten wir so schnell wie möglich nach Australien kommen, um dort für sieben bis acht Wochen zu bleiben, um die Saison mit englischen Wochen zu Ende zu spielen.
Nach sechs Tagen mussten wir unser Isolationscamp in Australien aber wieder verlassen, weil wir sonst aufgrund der Alarmstufe nicht mehr nach Neuseeland hätten einreisen dürfen. Es gab keine Ausnahmen, deswegen waren wir zum Handeln gezwungen. Die Anwälte unseres Vereins haben sich sehr darum gekümmert, dass wir noch vor dem Einsetzen der Alarmstufe zurück ins Land konnten. Dafür bin sehr dankbar. Am 22. April wird es eine neue Entscheidung geben. Bis dahin werde ich im Homeoffice meine Kraftübungen machen. Ich habe auch schon über Youtube mit Yoga angefangen.“
Über seine ersten Monate in Neuseeland: „Es hat ein bisschen gedauert, bis ich mich hier zurechtgefunden habe. Auch mit der Mannschaft sind wir schwer in die Saison gekommen. Wir hatten ein Tief. Viele haben schon gesagt, dass wir die schlechteste Mannschaft der Vereinsgeschichte seien. Es gab viel Kritik. Wir hatten eine neue Mannschaft, einen neuen Trainer. Wir mussten uns erst finden. Nach sechs Spieltagen haben wir uns dann auf einmal in einen Rausch gespielt. Jetzt stehen wir als Tabellendritter so gut da, wie der Verein noch nie dastand. Deswegen ist die Unterbrechung schade. Ich hoffe, dass wir die Saison noch zu Ende bringen können.“
Über den plötzlichen Wechsel vom HSV nach Neuseeland: „Im Sommerurlaub habe ich den Anruf bekommen, dass mit mir beim HSV nicht mehr geplant wird. Das hatte mich schon getroffen, weil ich mir unter Jonas Boldt und Dieter Hecking neue Hoffnungen gemacht hatte, meine gefühlt zehnte Chance beim HSV zu bekommen. Dem war leider nicht so. Ich habe dann aus dem Urlaub heraus versucht mich umzuhören. Es gab auch Gespräche mit Drittligisten, aber das hat mich nicht mehr gereizt. Über einen bekannten Berater habe ich alles selbst initiiert.
Dann kam das Angebot aus Wellington. Ich wusste sofort, dass ich das machen will, und habe mir am Dienstag für Donnerstag einen Flug gebucht. Es war sehr spannend und hat alles perfekt geklappt. Ich bin sehr glücklich, deswegen habe ich auch meinen Vertrag für zwei Jahre verlängert. Jetzt habe ich das erste Mal seit Jahren im Sommer Planungssicherheit.“
Über das Profileben in Neuseeland: „Die Bedingungen sind hier ganz anders und mit Europa oder dem HSV nicht zu vergleichen. Es wird super gearbeitet, aber im kleineren Rahmen. Die Trainingsumfänge sind geringer. Es gibt auch keine Fans beim Training. Es geht alles etwas lockerer zu. Ich habe hier aber alles, was man braucht, um professionell zu arbeiten.“
Über das Leben in Neuseeland: „Ich habe nur einen Tag frei in der Woche. Die Zeit habe ich bislang viel genutzt, um die Umgebung kennenzulernen. Ich habe angefangen zu surfen. Das ist aktuell leider nicht möglich. Hier wurde gerade ein Surfer von der Polizei aus dem Wasser gezogen. Ich war auch zweimal auf der Südinsel zum Kajakfahren im Abel-Tasman-Nationalpark. Das war überragend. Als ich hier vor fünf Jahren mit der deutschen U.20-Auswahl bei der WM war, habe ich schon mitbekommen, wie wunderschön das Land ist. Da wusste ich, dass ich nach Neuseeland zurückkomme.“
Über seine privaten Pläne: „Da ich jetzt weiß, dass ich noch länger bleibe, will ich von hier aus mit einem Fernstudium anfangen. Wahrscheinlich an einer Fernuni in Deutschland oder England. In Neuseeland wäre ein Studium leider sehr teuer. Da das Semester erst im Oktober losgeht, habe ich noch etwas Zeit, mich vorzubereiten.“
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