Hamburg. Er kündigt den Frühling an und bringt die Babys: Dieser Vogel gehört zum Kulturgut. Doch archäologische Funde offenbaren Erstaunliches.
Der Storch ist als Symbol für Glück, Fruchtbarkeit und Neubeginn bekannt. In vielen Regionen gilt der Weißstorch als Frühlingsbote, der mit seiner Ankunft die Erneuerung der Natur einleitet. Viele Menschen freuen sich, wenn ein Storchenpaar auf ihrem Dach nistet, da dies Wohlstand und Segen für das Haus und seine Bewohner verspricht. Und Babys soll er auch noch bringen.
Um wohl keinen anderen Vogel ranken sich in Deutschland mehr Mythen als um den Storch. Der Storch ist in Deutschland Kult, der Aberglaube tief in der Geschichte verwurzelt. Doch laut einer neuen Studie bewohnt der Vogel einige Teile Deutschlands erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit.
So ist der Weißstorch in Norddeutschland erst seit dem Mittelalter heimisch. Dies geht aus einer archäologischen Studie hervor, die im Fachblatt „Journal of Ornithology“ veröffentlicht wurde. Forscher aus Schleswig-Holstein haben darin die Verbreitungsgeschichte des Weißstorchs in Europa seit der letzten Eiszeit anhand archäologischer Funde untersucht, wie die Universität Kiel mitteilte.
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Archäologie: Forscher mit überraschender Erkenntnis zu deutschem Kult-Vogel
Norddeutschland sei erst in vergleichsweise junger Vergangenheit Teil des Weißstorchgebiets geworden, sagt der Ornithologe Kai-Michael Thomsen, der am Michael-Otto-Institut im Naturschutzbund Deutschland (Nabu) forscht und einer der Autoren der Studie ist.
Erst vor etwa 1000 Jahren habe sich das Verbreitungsgebiet des Weißstorches rasant nach Nordosten erweitert, sagt Thomsen. „Das fällt zeitlich mit dem mittelalterlichen Landesausbau zusammen, bei dem viele Wälder gerodet und neue landwirtschaftliche Nutzflächen angelegt wurden.“ Offenbar sei der Weißstorch langfristig ein Nutznießer von bestimmten, menschengemachten Landschaftsveränderungen.
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Prähistorie: Vogelknochen verraten Verbreitungsgebiet der Störche
Gemeinsam mit dem Archäozoologen Ulrich Schmölcke vom Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Schleswig und mit Unterstützung des Exzellenzclusters Roots an der Kieler Universität hat der Ornithologe Thomsen bereits veröffentlichte Funde von Vogelknochen im Umfeld von prähistorischen oder frühgeschichtlichen Siedlungen ausgewertet. Neuere Funde haben die beiden Autoren aus aktueller Forschungsliteratur ergänzt. „Dank dieser umfangreichen Datengrundlage lassen sich zuverlässige Aussagen über die Verbreitung des Weißstorchs in den letzten Jahrtausenden treffen“, sagt Schmölcke.
Demnach war der Weißstorch bis vor 1500 Jahren ausschließlich im Süden und Westen Europas verbreitet, vor allem auf der iberischen Halbinsel, im Oberrheingebiet und auf dem südlichen Balkan. „Die Verbreitungsgrenze des Weißstorchs stimmte am Ende der Antike genau mit der Ausdehnung des Römischen Reiches überein“, erklärt der Archäologe. Jenseits der Grenzen des Römischen Reiches habe der Weißstorch dagegen keine geeigneten Lebensräume gefunden. Es gab den Angaben zufolge weniger offene Flächen, weil Landwirtschaft nicht so intensiv betrieben wurde.
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Alte Ägypter verehrten Storch als Verkörperung der Seele
Nach Ansicht der Verfasser bringt die Studie wichtige Erkenntnisse sowohl für den Naturschutz als auch für die Archäologie. „Wenn wir verstehen wollen, wie Arten sich ausbreiten oder warum sie aus einigen Gebieten wieder verschwinden, können wir uns nicht nur den aktuellen Zustand ansehen. Wir müssen auch langfristige Entwicklungen verstehen“, sagt Thomsen.
Schon im alten Ägypten verehrte man den markanten Vogel als Verkörperung der Seele. In Deutschland bedeutet er viele Dinge. In vielen Regionen Deutschlands gilt der Anblick eines Storchenpaares, das auf einem Dach ein Nest baut, als Zeichen für Glück und Wohlstand. Man glaubte, dass Störche den Segen für eine reiche Ernte und gesunde Kinder bringen.
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