Lüneburg/Maschen. Auf dem Heimweg vom Fest war es zu einem blutigen Streit gekommen. Ein Mann wurde verhaftet. Urteil schon am ersten Verhandlungstag.
Wenn am kommenden Freitag das Maschener Dorffest 2024 eingeläutet wird, wird sich wohl nicht jeder uneingeschränkt darauf freuen: Einige werden sich an eine blutige Auseinandersetzung nach dem letzten Dorffest erinnern. Ein Mann kam mit Messerverletzungen ins Krankenhaus.
Später ging ein Mann in Untersuchungshaft. Zu Unrecht, wie Richter Franz Kompisch am Ende der Hauptverhandlung gegen den mutmaßlichen Messermann Mahmut C. konstatierte – und ihn freisprach.
Maschener Dorffest 2023: Kurz nach Beginn der Taxifahrt eskaliert die Lage
Am zweiten Tag des Festes hatten die Eheleute Michael und Stefanie K. zusammen mit ihrem Freund Florian S. das Maschener Dorffest besucht und dort gegen Ende des Abends Mahmut C. kennengelernt. Die drei und C. fanden sich sympathisch, unterhielten sich, tranken zusammen.
Als das Fest zu Ende ging, gab C. noch eine Runde Kurze aus und man beschloss, gemeinsam ein Taxi zu nehmen, denn alle mussten nach Meckelfeld. Zu ihnen stieß noch ein junger Mann, an den sich aber niemand mehr richtig erinnern kann. Zu Fünft bestiegen sie ein Großraumtaxi.
Auch Nachfragen von Richter, Staatsanwalt und Verteidiger erzeugen kein einheitliches Bild
Kaum war das Taxi losgefahren, setzte sich Stefanie K. noch einmal um: auf die Rückbank, wo schon ihr Mann und C. saßen, allerdings auf den Fensterplatz neben C. und nicht in die Mitte oder außen neben ihren Mann. Kurz darauf eskalierte die Lage: C. hatte angeblich seine Hand auf Stefanie K.s Oberschenkel gelegt. Sie hatte seine Hand mit ihrer dort fortgeschoben. Michael K. erboste sich über C.s Verhalten und packte ihn am Kragen. Das Taxi wurde zum Anhalten gebracht. K. und C. verließen das Taxi als Erste, im Kampfgerangel ineinander verschlungen.
Darüber, was in den folgenden zwei bis drei Minuten geschah, hörte das Gericht drei verschiedene Versionen von Michael K., Stefanie K. und Florian S.. Auch gezielte Nachfragen von Richter Kompisch, Staatsanwalt Konstantin Paus und Verteidiger Cem Sengül konnten kein einheitliches Bild erzeugen.
Das Opfer bemerkte den Messerstich nicht einmal
Michael K. berichtete, mit C. gerangelt und einen Faustschlag ins Gesicht erhalten zu haben. Darauf sei C. fortgerannt und dabei mehrfach gestolpert. Er habe C. verfolgt, sagte K., weil er ihn noch einmal zur Rede stellen wollte. „Wir fanden uns doch eigentlich ganz nett, ich wollte wissen, was das nun sollte“, so K.
C. habe sich darauf umgedreht, ein Messer gezogen und damit gedroht. „Ich habe keinen Stich gemerkt“, sagte K., „aber wenig später merkte ich, dass ich blutete und setzte mich auf die Straße. Wenig später legte ich mich hin.“
„Wir fanden uns doch eigentlich ganz nett, ich wollte wissen, was das nun sollte.“
Seine Frau und Florian S. seien dann an ihm vorbei in Richtung Polizeikommissariat Seevetal gelaufen. Kurz danach sei Stefanie K. zurückgekehrt und habe einen Schal auf seine Wunde gepresst. K. hatte eine Verletzung am Bauch und eine im Achselbereich erlitten. Drei Tage lag er im Krankenhaus, dann wurde er entlassen und war noch zwei Wochen krankgeschrieben.
Wann die Stiche erfolgten und unter welchen Umständen, konnte keiner der drei Zeugen sagen
Stefanie K. sagte aus, sie habe zunächst das Taxi bezahlt, als die Männer kämpfend ausgestiegen waren. Dann habe sie mitbekommen, wie ihr Mann und Florian S. Mahmut C. verfolgten. S, sei dabei gestolpert und ihr Mann habe auf einmal am Boden gelegen. C. habe ein Messer in der Hand gehabt und drohend auf sie gerichtet.
Laut Fabian S. hätten er und der junge Mann zunächst auf der Straße das Gerangel beobachtet. Dann habe Michael K. gerufen: „Der hat ein Messer!“, und S. habe eingegriffen, um die beiden zu trennen. Mahmut C. sei nun geflohen und Michael K. habe ihn verfolgt. Dann sei K. zusammengebrochen und C. um eine Ecke verschwunden. Als S. ihn einholte, habe C. ihn mit dem Messer bedroht.
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Wann die Stiche, die K. zweifellos erlitt, erfolgten, und unter welchen Umständen konnte keiner der drei Zeugen sagen. Niemand hatte es gesehen. Staatsanwalt Paus hatte allerdings genug gehört, um festzustellen, dass sein Tatvorwurf des versuchten Totschlags sich schon deshalb nicht aufrechterhalten ließ, weil sich C. mehrfach von der Auseinandersetzung entfernt habe und sich spätestens als K. ihn weiter verfolgte, wahrscheinlich in einer Notwehrlage befunden hatte.
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Paus war es, der deshalb nach dem Grundsatz: „Im Zweifel für den Angeklagten“ den Freispruch für C. beantragte. Richter Kompisch folgte in seinem Urteil dem Antrag und der Argumentation. C., der eine Woche in Untersuchungshaft verbrachte und dann auf Kaution freigekommen war, hat nun Anspruch auf Haftentschädigung, bekommt seinen Pass zurück und auch die Kaution. Vor allem aber ist er nun wieder das, was er vor dem letzten Dorffest war: ein unbescholtener, unschuldiger Mensch.