Winsen. Planungsausschuss stellt Entscheidung über Pflaster zurück. Politiker fürchten, Millionenprojekt sei nicht zu finanzieren.
Das städtische Projekt für den Ausbau der Winsener Innenstadt gerät ins Straucheln. Sorgen um die Finanzierung, der Konflikt um möglichst autofreie Haupteinkaufsstraßen sowie unterschiedliche Vorstellungen über die Sorte des Straßenpflasters wirken sich jetzt aus. Der Planungsausschuss vertagte am Donnerstagabend mit fünf Stimmen von SPD, Grünen und FDP gegen vier Stimmen der CDU die anstehende Entscheidung über das Pflaster. Damit dürfte sich das Projekt zumindest um einige Monate verzögern.
Entscheidend für die missliche finanzielle Lage ist, dass die Städtebauförderung, die grundsätzlich zwei Drittel solcher Kosten übernimmt, gedeckelt ist. So wird die Stadt zwar für die Innenstadtfläche von 16.800 Quadratmetern zwei Drittel der festgeschriebenen Summe von 230 Euro pro Quadratmeter erhalten. Das entspricht 153,33 Euro pro Quadratmeter und in der Summe 2,57 Millionen Euro. Alle Kosten darüber hinaus muss die Stadt aber allein tragen. Bei einem voraussichtlichern Volumen von bis zu knapp 13 Millionen Euro ergibt sich daraus ein hohes Risiko.
Günstigere Betonsteine sparen eine Million Euro ein
Für die Sitzung hatte die Verwaltung für das besonders kostenintensive Pflaster eine Variante vorgeschlagen, bei der Naturstein im Norden der Innenstadt und um ein geplante Wasserspiel herum vorgesehen sind. Die restlichen Flächen sollten nach Auffassung aus dem Rathaus jedoch mit günstigere Betonsteine mit Natursteinvorsatz ausgestaltet werden. Damit könnte gegenüber der teuersten Variante mit Natursteinen aus Europa rund eine Million Euro gespart werden. Wichtig für die Wahl der Pflastersteine ist, dass die Lebensdauer von Betonsteinen auf 40 Jahre begrenzt ist, während bei Granit von mindestens 100 Jahren ausgegangen wird.
Die Gruppe Grüne/Linke brachte am Donnerstag noch einen eigenen Vorschlag ein, der europäische Natursteine vorsieht. Großen Wert legt die Gruppe darauf, nur Anlieger- und keinen Durchgangsverkehr mehr zuzulassen. „Wir können jetzt noch neu denken und den Autoverkehr aus der Innenstadt herausnehmen. Dann werden Stell- und Flächen für Fahrzeuge frei für eine neue Nutzung“, sagte Erhard Schäfer (Grüne).
Für die Grünen sollen in jedem Fall alle Bäume erhalten bleiben. „Mehr als 70 Bäume heraus zu nehmen, ist völlig aus der Zeit gefallen.“ Schon zu Beginn der Sitzung hatte zwei Mitglieder von Parents for Future das vorgesehen Fällen der Bäume kritisiert. Sie kündigten an, zahlreiche von der Gruppe gesammelte Unterschriften an Bürgermeister André Wiese weiter zu reichen.
Projekt wird sich weiter verzögern
Den Abgleich der einzelnen Varianten schenkte sich der Ausschuss schließlich, nachdem Schäfer den Antrag gestellt hatte, das Thema zu vertagen. „Wir waren zu Beginn der Planungen bei Kosten von 4,7 Millionen Euro euphorisch. Wenn wir jetzt aber über zwölf Millionen Euro gehen, ergibt sich ein Fass ohne Boden“, sagte Bernd Meyer (Grüne). Den entgegnete Jan Jürgens (CDU): „Wir haben den Architekten-Wettbewerb mit Mehrheit ohne Obergrenze beschlossen.“
Als Folge der neuen Bedenkzeit wird sich das Projekt weiter verschieben. Die Arbeiten sollten nach einer ersten Verzögerung Ende des Jahres ausgeschrieben werden. Der Bau soll dann im kommenden Jahr beginnen. Allerdings liegt bei der Stadt noch immer kein Angebot für ein notwendiges Bodengutachten vor. Wann nun angefangen werden kann, ist offen und wird davon abhängen, wie weiter beraten wird.
Runder Tisch soll die Verhandlungen weiterbringen
Nach Auffassung von Brigitte Netz (SPD) könnte ein Runder Tisch eingerichtet oder ein Termin für eine Sondersitzung vereinbart werden. „Vielleicht können wir das Projekt etwas beschneiden, so dass die Stadt die Kosten bewältigen kann.“ Erneut solle auch über die Bäume in der Innenstadt gesprochen werden: „Ich würde mir wünschen, dass im Einzelfall geprüft wird,“ sagte Netz.
Der Beschluss des Planungsausschusses ist jedoch ohnehin noch nicht das letzte Wort. So wird sich der Verwaltungsausschuss am 10. März und der Rat am 18. März noch einmal mit der Innenstadtsanierung befassen. Eine entscheidende Wende für die Zukunft ist aber derzeit nicht absehbar.
Der Wettbewerb
Den Sieger beim Wettbewerb für das Konzept der Winsener Innenstadt hatte Bürgermeister André Wiese im September 2018 verkündet. Den Auftrag erhielt das Planungsbüro Capattistaubach. Die Berliner setzen sich gegen neun Bewerber durch.
Die Auswahl traf eine 13-köpfige Jury aus Fachleuten und sechs vom Sanierungsbeirat gewählten Entscheidern.
Die Bauzeit soll bei drei bis vier Jahren liegen. Das Projekt soll zu einer barrierearmen Innenstadt führen und das fortlaufende Flicken des Pflasters auf Jahrzehnte hinaus unnötig machen.