St. Dionys. Heide-Golfplatz St. Dionys folgt Vorbild aus Irland. Warum auf dem Weg zum robusten Grün auch Mut zur Lücke notwendig ist.
Weite grüne Rasenflächen, begrenzt von einem kleinen Wald, durchzogen mit lila blühenden Heide-Inseln – der Golfplatz St. Dionys nahe Lüneburg wirkt wie aus einem Bilderbuch. Doch der Erhalt dieser 90-Hektar-Idylle hat ihren Preis: Golfrasen braucht jede Menge Wasser. Das ist nicht nur teuer, sondern geht vor allem auf Kosten der Nachhaltigkeit.
Grundwasser ist kostbar, der Einsatz zum Bewässern eines hübschen Golfrasens angesichts der Klimakrise umstritten. Zumal der Grundwasserstand in der Region in den vergangenen Jahren stark gesunken ist. Künftig wird dem Platz für die Bewässerung daher wohl weniger Grundwasser zugestanden. Deshalb muss der Heide-Golfplatz nun Wege finden, wie der Rasen mit weniger Wasser auskommt und dennoch nicht sein typisches Gesicht verliert.
Heide-Golfplatz St. Dionys experimentiert mit neuem Rasen, um Wasser zu sparen
Neue Wege aus dem Dilemma zu finden, ist die Aufgabe von Head-Greenkeeper Christian Steinhauser. Im Alter von 18 Jahren hat er begonnen, auf Golfplätzen zu arbeiten, war am Starnberger See, am Tegernsee und in den USA tätig. Seit neun Jahren Jahren pflegt der 46-Jährige den norddeutschen Rasen in St. Dionys, er kennt dessen Eigenheiten und Bedürfnisse, weiß, wann der Rasen wie intensiv gewässert, gemäht, besprüht, gedüngt und vertikutiert werden muss. Und er passt seine Pflege den sich verändernden Bedingungen an.
Der Rasen-Experte sträubt sich nicht gegen den neuen Sparzwang. Im Gegenteil: Er hat beschlossen, den Rasen auf dem 50 Jahre alten Platz umzukrempeln. Nicht radikal, aber konsequent. Jedes Jahr wird eine Fläche von etwa acht Hektar nachgesät, nach und nach weicht der bisher übliche Rasen neuen Sorten. Vor allem die Sorte Festuca, auch Schwingel genannt, hat es dem Greenkeeper angetan, sie wächst sehr gut auf dem sandigen Boden des Golfplatzes.
Greenkeeper vom Golfplatz: Rasenpflege ist wie Kindererziehung
Die Erneuerungskur für den Golfrasen erfordert viel Geduld. „Das ist wie bei der Erziehung von Kindern“, sagt Christian Steinhauser bei einer Fahrt im Golf-Cart über den Platz. „Wir dürfen nicht zu oft zu viel Wasser geben, damit die Wurzeln sich selbst ihre Wassermöglichkeiten suchen.“ Nur mit starken Wurzeln sind die Gräser langfristig überlebensfähig. Auch nach einem heißen und trockenen Sommer kommt dieser Rasen bei Regen wieder zum Vorschein. Er soll am Leben, aber nicht zwangsläufig grün erhalten bleiben.
Zudem probiert Christian Steinhauser weitere Ansätze aus, um die Spielfläche mit weniger Wasser möglichst grün erhalten zu können. „Ich verlange einiges vom Gras, dann muss ich ihm auch etwas geben.“ Er hat ein Testfeld mit verschiedenen Streifen angelegt, ein Bereich wurde mit Tensiden besprüht. Das klinge giftig, sei aber am Ende nur Seife, sagt der Greenkeeper. Die Substanz minimiert die Oberflächenspannung, sodass das Wasser besser in den Boden eindringen und sich verteilen kann.
Vorbild für das Rasenexperiment in St. Dionys sind Golfplätze in Irland
Auch die Technik ist ein wichtiger Helfer bei der Umstellung, die unterirdischen Leitungen der Beregnungsanlage wurden erneuert, die Computersteuerung verbessert. Jetzt kann das Wasser zielgerichteter und mit optimalem Druck auf den Rasen verteilt werden.
Sorge, dass sein Großexperiment am Ende nicht aufgehen könnte, hat der Greenkeeper nicht. In Irland hat er Golfplätze besucht, die die Umstellung auf Festuca-Rasen bereits hinter sich haben. Das Ergebnis überzeugte ihn, diesen Weg auch in Niedersachsen einzuschlagen.
Kreis Lüneburg hält Änderungen der bewilligten Grundwassermenge für wahrscheinlich
Noch darf der Golfclub 65.000 Kubikmeter Grundwasser im Jahr nutzen, der Bedarf wurde durch hydrogeologische und Boden-Gutachten ermittelt. Die Genehmigung gilt für zehn Jahre, in drei bis vier Jahren muss ein neuer Antrag gestellt werden. Er gehe stark davon aus, dass die bewilligte Menge Wasser in Zukunft geringer ausfallen werde, sagt Christian Steinhauser. Vielleicht könnten dann nur noch die Abschlagplätze, die sogenannten Vorgrüns, und die Grüns bewässert werden. Diese Greens sind das Heiligtum des Golfplatzes, hier wird der Rasen auf vier Millimeter gestutzt und gleicht einem weichen Teppich.
Noch gibt es nach Angaben des Landkreis Lüneburg keine Entscheidung zu möglichen Veränderungen. Es sei jedoch wahrscheinlich, so eine Sprecherin, dass es in Zukunft zu Änderungen der Entnahmemengen der einzelnen Wasserentnehmer kommen kann und wird. Immer schon seien wasserrechtliche Erlaubnisse mit Blick auf das in dem betreffenden Grundwasserkörper vorhandene Grundwasserdargebot erteilt worden.
Der verregnete Sommer täuscht – seit Jahren gibt es regelmäßig Trockenperioden
Der Sportrasenpfleger von St. Dionys plant vorausschauend, treibt die Umstellung bewusst voran. Langfristig zu denken, sei bisher in seinem Metier nicht üblich gewesen, erzählt Christian Steinhauser, der selbst Golf spielt und auch im Vorstand des Greenkeeper Verbands Deutschland tätig ist. Für den perfekten Rasen wurden lieber alle Möglichkeiten ausgeschöpft. „Zuletzt hat man zu viel für den Rasen getan, es gab Nährstoffe und Wasser im Überfluss. Aber weniger ist mehr.“
Der ausgiebige Regen hat in den vergangenen Wochen zwar den Rasensprenger auf dem Golfplatz ersetzt. An einigen Stellen ist jedoch noch zu erkennen, was passiert, wenn es über Wochen extrem trocken bleibt – ein Szenario, das seit einigen Jahren häufiger eintritt. Kleine kahle Stellen sprenkeln das satte Grün in St. Dionys, ohne ausreichend Wasser wird klassischer Golfrasen – ähnlich wie der Rasen in vielen Gärten – innerhalb kürzester Zeit erst hellgrün, dann gelb und verschwindet schließlich.
Im heißen Frühjahr fuhr der Greenkeeper ein Notprogramm für den Golfrasen
So sei es nach dem heißen Frühjahr gewesen, erzählt Christian Steinhauser. Bei starker Trockenheit greift sein Notprogramm. Dann wird der Rasen auf den Spielflächen nicht mehr so oft und nicht mehr so kurz gemäht und er wird seltener bewässert.
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Doch auch wenn vertrockneter Rasen eigentlich ein Schreckensbild für einen Hüter des Grüns wie ihn sein sollte, konnte er dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen. „Ich bin ganz froh, wenn die alten Gräser verschwinden.“ Denn alles, was der Trockenheit nicht standhalten kann, wird ersetzt durch die neuen, widerstandsfähigeren Alternativen.
Neuer Rasen braucht nur noch ein Drittel der Wassermenge
Eine Rasensorte hat er bereits fast vollständig ausgetauscht. Sie machte vor fünf Jahren noch fast 90 Prozent der Rasenfläche aus, mittlerweile sind es nur noch zehn Prozent. „Damals haben wir täglich beregnet“, sagt Christian Steinhauser, „jetzt ist das nur noch jeden dritten Tag notwendig.“
Ganz ohne Kompromisse bei der Optik geht es allerdings nicht. Anders als früher akzeptiert der Rasenpfleger heute auch kleine Lücken und nicht ganz perfekte Stellen auf der Grünfläche. Auch die Farbe ist mit weniger Wasser nicht immer zu halten. Der Rasenpfleger nimmt das in Kauf. „Wir müssen nicht dunkelgrün sein.“
Der Abschied vom dunkelgrünen Rasen trifft auch auf Unverständnis
Nicht jeder Golfer teilt diese Meinung, vor allem einige ältere der 850 Vereinsmitglieder sind einen anderen Standard gewohnt und wollen daran festhalten. Auch der Deutsche Golfverband habe noch nicht verstanden, dass man im Sinne der Nachhaltigkeit bei der Qualität ein kleines bisschen zurückschrauben müsse, sagt Christian Steinhauser.
Der Greenkeeper sieht es deshalb auch als seine Aufgabe an, die Dringlichkeit der Veränderung zu vermitteln. „Man muss viel kommunizieren. Die Leute müssen verstehen, warum wir bestimmte Dinge nicht mehr machen können.“