Die Zahl der Fälle steigt erneut. Wie schützt man sich am besten vor einem Einbruch? Nur auf eine Alarmanlage zu vertrauen, hilft laut Polizei kaum. Experten beantworten die 20 wichtigsten Fragen.
Hamburg. Die Zahl der Einbrüche in Hamburg steigt, aber Haus- und Wohnungsbesitzer rüsten auf: Aus Angst vor einem Einbruch sichern immer mehr Menschen ihr Hab und Gut mit zusätzlicher Technik. Die Folge: Immer häufiger bleiben Wohnungseinbrüche in Hamburg im Ansatz stecken. „42,4 Prozent aller Einbrüche blieben nach unseren aktuell vorliegenden Zahlen unvollendet. Das sind so viele wie nie zuvor“, sagt Stefan Meder, Leiter der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle an der Caffamacherreihe 4, Neustadt. Dort kann sich jeder kostenlos über Sicherungsmaßnahmen im und am Haus informieren.
Die Beratungsstelle erlebt gerade einen Ansturm: Drei bis vier Wochen Wartezeit auf einen Termin muss man einplanen. Wie schützt man sich am besten vor einem Einbruch? Was hilft wirklich – und was kann man sich von vornherein gleich schenken? Meder beantwortet die 20 wichtigsten Fragen:
1. Viele glauben, Rollläden bieten einen guten Schutz. Ist das so? Und sollte man die Rollläden am Tage herunterlassen?
Stefan Meder: Nein. Wer tagsüber die Rollläden herunterlässt, signalisiert dem potenziellen Einbrecher damit, dass niemand zu Hause ist. Und erhöht so die Gefahr. Rollläden sind in den allermeisten Fällen im Übrigen nur ein Sichtschutz. Es sei denn, es sind tatsächlich einbruchhemmende Rollläden der Widerstandsklasse RC2.
2. Was bringen Alarmanlagen?
Meder: Mechanische Sicherungen, die sinnvoll aufeinander abgestimmt sind, stehen an erster Stelle. Sie sind die wesentliche Voraussetzung für einen wirksamen Einbruchschutz. Alarmanlagen bieten zusätzlichen Schutz. Sie verhindern keinen Einbruch. Doch durch ihre Meldewirkung wird das Risiko für Einbrecher, entdeckt zu werden, wesentlich erhöht. Grundsätzlich sollte die Einbruchmeldeanlage auch die Möglichkeit bieten, einen Überfallalarm auszulösen.
3. Helfen Bewegungsmelder?
Meder: Ja, auf jeden Fall. Licht schreckt Einbrecher ab. Es spielt eine ganz wesentliche Rolle für den Schutz eines Grundstücks. Auch Zugangswege sollten beleuchtet sein. Das Licht kann automatisch durch Bewegungsmelder geschaltet werden. Trotzdem sollten Sie mehrere Schalter im Haus haben – zum Beispiel auch im Schlafbereich.
4. Helfen Kameras oder Attrappen?
Meder: Kamera-Attrappen werden von Tätern erkannt und schützen somit vor keinem Einbruch. Echte Kameras können einen gewissen zusätzlichen Schutz bieten. Denn die Täter wollen nicht erkannt werden.
5. Hilft der Aufkleber „aufmerksame, aktive Nachbarschaft“?
Meder: Nur der Aufkleber allein nützt nichts. Die aufmerksame, aktive Nachbarschaft muss auch gelebt und gepflegt werden. Das bedeutet, dass potenziellen Einbrechern ganz klar signalisiert wird, hier gibt es ein Gemeinschaftsgefühl, eine intakte Hausgemeinschaft oder eine häusliche Nachbarschaft.
6. Was heißt das? Was kann ich als aufmerksamer Nachbar konkret tun?
Meder: Man kann im Treppenhaus oder auf dem Grundstück Leute freundlich ansprechen, die offensichtlich nicht dazu gehören. Auch Handwerker zum Beispiel. Oder Leute, die das Nachbargrundstück betreten, obwohl die Nachbarn nicht da sind. Wenn sich derjenige dann verdächtig verhält, etwa indem er nur eine schlechte Ausrede parat hat oder schnell das Weite sucht, sollte man sofort per Telefon die 110 wählen. Und der Polizei eine kurze Personenbeschreibung geben. Auf gar keinen Fall sollte man sich dem Täter in den Weg stellen oder ihn festhalten. Den großen Mann markieren, eine Bürgerwehr, das ist falsch und sogar gefährlich!
7. Wann sollte ich noch die Polizeianrufen?
Meder: Immer dann, wenn etwas dringend Verdächtiges geschieht. Alarmieren Sie bei Gefahr wie Hilferufen oder auch einer ausgelösten Alarmanlage oder sehr merkwürdigen Geräuschen aus einer Wohnung die Polizei unter der kostenlosen Notrufnummer 110.
8. Wie soll ich mich in Abwesenheit verhalten – tagsüber? Im Urlaub?
Meder: Alles immer gut abschließen ist allererste Pflicht. Wenn der Nachbar im Urlaub einen Wohnungsschlüssel von ihnen hat, den Briefkasten regelmäßig entleert und ab und zu in ihrer Wohnung nach dem rechten sieht, ist das sehr gut. Das ist gute Nachbarschaft.
9. Helfen Zeitschaltuhren, die Lichtanmachen?
Meder: Ja, in jedem Fall. Auch und gerade tagsüber. Zeitschaltuhren, die in der dunklen Jahreszeit zum Beispiel ab 16 Uhr Licht anmachen, sind ebenso empfehlenswert wie Bewegungsmelder.
10. Wo sind die Achillesfersen der Haussicherung?
Meder: Viele glauben: ,Ich kaufe mir am besten einen Alarmanlage.’ Dabei lassen sie Wesentliches außer Acht: An erster Stelle sollten auf jeden Fall zertifizierte mechanische Sicherungssysteme für Fenster und Türen stehen. Die sind übrigens beim Neueinbau wesentlich günstiger zu haben, als wenn man sie nachrüstet. Viele glauben, Einbrecher kommen nur nachts. Auch das ist ein Irrtum! Einbrecher kommen oft tagsüber, wenn niemand zu Hause ist. Also auch tagsüber immer alles geschlossen halten. Viele glauben, Einbrecher kommen überall rein. Auch das ist falsch: Unsere Erfahrung zeigt, dass die wenigsten Einbrecher gut ausgerüstete Profis sind. Meist handelt es sich um Gelegenheitstäter, die sich durch einfache, aber wirkungsvolle technische Sicherungen von ihren verbrecherischen Absichten abhalten lassen. Sichtbare Sicherungstechnik bedeutet für den Täter längere „Arbeitszeit“ – und ein entsprechend höheres Entdeckungsrisiko. Was viele nicht wissen: Wenn ein Täter länger als drei Minuten braucht, eine Wohnung oder ein Haus zu öffnen, gibt er auf.
11. Schützt ein Hund?
Meder: Ja. Ein Hund schreckt ab. Wenn er bellt, wenn sich jemand nähert, ist ein Hund hilfreich. Aber ein Hund ist keine Garantie: Wenn er gerade schläft oder nicht im Hause ist, haben Einbrecher womöglich leichtes Spiel.
12. Muss ich meine Dachluken sichern?
Meder: Ja, auch Dachluken müssen gesichert werden, wenn sie mit Aufstiegshilfen erreicht werden können. Auch Kellertüren und Kellerfenster müssen gesichert werden.
13. Ist es sinnvoll, Geld hinzulegen?
Meder: Nein. Das Geld nimmt der Einbrecher gern mit, als zusätzliche Gabe sozusagen. Es wird ihn aber keinesfalls davon abhalten, die Wohnung oder das Haus blitzschnell zu durchsuchen und all das mitzunehmen, das für ihn einen Wert darstellt.
14. Helfen Tresore? Oder steigern sie das Risiko?
Meder: Ja, sie helfen auf jeden Fall. Sie nützen aber nichts, wenn man den wertvollen Schmuck nach der rauschenden Party oder dem Theaterbesuch auf dem Nachttisch liegen lässt und morgens aus dem Haus geht.
15. Wo soll man Wertsachen lagern?
Meder: Wertgegenstände sollte man entweder zur Bank bringen oder in sogenannten Wertbehältnissen verschließen. Wichtig ist, dass diese Behältnisse geprüft sind und fachmännisch im Boden oder im Mauerwerk verankert werden. Kennzeichnen Sie ihre Wertsachen, machen Sie am besten eine Liste von ihren Wertgegenstände mit Fotos und bewahren Sie diese sicher auf.
16. Wie verhalte ich mich, wenn Einbrecher im Hause sind?
Meder: Als erstes auf jeden Fall laut rufen: „Hallo, ist da wer?“ Zweitens: dem Einbrecher unbedingt eine Fluchtmöglichkeit lassen. Und drittens: sofort die Polizei rufen unter 110.
17. Sind Erdgeschosswohnungenbesonders gefährdet?
Meder: Ja, das sind sie. Weil Fensterfronten und Terrassentüren viel Angriffsfläche bieten. Oft sind die Fassaden auch noch schlecht beleuchtet. Daraus ergeben sich Tatgelegenheiten. 53 Prozent – und damit mehr als die Hälfte aller Einbruchsdelikte in Mehrfamilienhäusern in Hamburg – erfolgen im Erdgeschoss über Fenster und Terrassentüren. Der Rest verteilt sich auf alle höher gelegenen Stockwerke.
18. Was ist bei der Sicherung von Mietwohnungen zu empfehlen?
Meder: In 80 Prozent aller Wohnungseinbrüche hebeln die Täter ein Fenster auf. Das geschieht fast geräuschlos. Im Erdgeschoss sind zur Fensterabsicherung Sicherungsbeschläge mit sogenannten Pilzköpfen zu empfehlen. Damit ausgestattet, lässt sich das Fenster nicht aufhebeln. Zusätzlich sind Stangenschlösser für Fenster empfehlenswert. Gleiches gilt für Terrassentüren.In den höher gelegenen Wohnungen sind Querriegelschlösser an der Wohnungstür sehr zu empfehlen. Oder auch Kastenriegelschlösser: Sie ersetzen die gute alte Kette. Die Kette hat ausgedient.
19. Sollte ich Fremden öffnen, die an der Haustür klingeln?
Meder: Nein. Halten Sie bei Mehrfamilienhäusern die Haustür auch tagsüber geschlossen. Prüfen Sie sehr genau, wer ins Haus will, bevor Sie den Türöffner drücken. Der Spruch „Werbung“ oder „Pakete“ reicht nicht aus: Der Zusteller kann ja wiederkommen, falls er den Empfänger nicht antrifft.
20. Welche Versicherung deckt Einbruchsschäden?
Meder: In aller Regel ist es die Hausratversicherung. Lassen Sie sich beraten. Aber Vorsicht: Schon viele Betroffene mussten nach einem Einbruch feststellen, dass sie unterversichert waren oder die Versicherung gar nicht zahlt, weil das Fenster auf Kipp stand. Gekippte Fenster sind offene Fenster. Abgesehen davon kann auch die beste Versicherung keine ideellen Werte wie lieb gewonnene Erinnerungsstücke ersetzen, zum Beispiel die Fotos der Familie auf dem Laptop. Und schon gar nicht das verloren gegangene Sicherheitsgefühl.
Weitere Informationen im Internet unter www.k-einbruch.de und www.polizei-beratung.de