Hamburg. DOSB-Präsident Thomas Weikert schreibt im Abendblatt über eine mögliche Bewerbung für Sommerspiele in Deutschland.

Warum sollte sich Deutschland um Olympische und Paralympische Spiele bewerben? Um diese Frage zu diskutieren, möchte der Deutsche Olympische Sportbund am Sonnabend alle Hamburgerinnen und Hamburger einladen. Das mag beim ersten Lesen sonderbar erscheinen, ruft man sich die Ergebnisse des Referendums aus dem Jahr 2015 ins Gedächtnis. 51,6 Prozent lehnten damals eine Olympiabewerbung ab. Seitdem ist jedoch viel passiert, und die Rahmenbedingungen in mehreren Bereichen haben sich entscheidend verändert. Angefangen mit dem Internationalen Olympischen Komitee.

2014 hatte der Weltverband umfangreiche Reformprozesse angestoßen. Die Auswirkungen werden erstmals 2024 bei den Spielen in Paris sichtbar. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Der Host City Contract, in der Vergangenheit oftmals als Knebelvertrag bezeichnet, schrumpfte von 7000 auf 350 Seiten. Die Bewerbungskosten sanken um 80 Prozent.

Weikert: Olympische Spiele künftig nachhaltiger

Die Spiele der Zukunft werden viel urbaner, offener und nachhaltiger sein. Die Eröffnungsfeier in Paris wird mitten in der Stadt entlang der Seine stattfinden und für 400.000 Menschen kostenlos zugänglich sein. Beachvolleyball unter dem Eiffelturm, Skateboard auf dem Place de la Concorde und Triathlon in der Seine, die anlässlich der Spiele gesäubert wird und danach allen Pariserinnen und Parisern als Naherholungsfläche zur Verfügung stehen wird. Die Spiele passen sich dem Gastgeber an, nicht mehr der Gastgeber den Spielen.

Wir sind der Meinung, dass dies der richtige Weg ist, und haben uns darauf basierend für einen gänzlich neuen strategischen Ansatz entschieden und vorab Bedingungen für Spiele in Deutschland formuliert. Wir bauen keine neuen Sportstätten für Olympia. Statt Neubauten werden wir auf ein Mehr-Städte-Konzept setzen. Gemeinsam statt gegeneinander. Dadurch fällt auch der innerdeutsche Wettstreit vor einer Bewerbung weg. Anstatt Hamburg gegen Berlin, wie 2015, könnte es nun heißen: Hamburg und Berlin.

DOSB-Präsident setzt auf Bürger-Dialog

Bevor wir uns jedoch mit der Konzeption, einem möglichen Wo, Wann und Wie Olympischer und Paralympischer Spiele beschäftigen, klären wir zunächst das Warum. Um über den Sport hinaus ein aussagekräftiges, gesamtgesellschaftliches „Darum“ zu erhalten, setzen wir vom ersten Moment an auf die Einbindung der Bevölkerung. Dafür nutzen wir mit unserer Dialoginitiative „Deine Ideen. Deine Spiele.“ digitale Kommunikationswege, aber vor allem wollen mit unseren Dialogforen die Menschen vor Ort erreichen – am Sonnabend im Börsensaal der Hamburger Handelskammer. Wir wollen wissen, wie die aktuelle Stimmung im Land, in den möglichen Austragungsorten, ist. Wenn am Ende auf die Frage nach einem Warum ein „Darum nicht“ steht, wird es keine Bewerbung geben.

Nicht nur die Sportverbände haben sich gewandelt. Auch in unserer Gesellschaft nehmen wir einen Wandel war, der sich leider am besten als stetiges Auseinanderdriften beschreiben lässt. Die European Championships 2022 in München oder die Special Olympics World Games in Berlin haben gezeigt: Viele Menschen sehnen sich, gerade nach der Corona-Pandemie, nach Anlässen und Festen, die vereinen und Zuversicht zurückbringen können. Sie sehnen sich nach emotionalen Projekten, von denen das Signal ausgeht, dass sich gemeinsame Investitionen in die Zukunft unseres Landes und Optimismus wieder lohnen. Nach Projekten, die die Entwicklung unserer Gesellschaft in möglichst vielen Bereichen positiv beeinflussen.

Warum braucht Deutschland Olympia? Wir im Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes sind uns einig: um den Sport wieder in der Mitte unserer Gesellschaft zu verankern. Um ihm die politische Wahrnehmung und Förderung auf allen Ebenen zu verschaffen, die er benötigt, um seine Potenziale als größte gesellschaftliche Kraft des Landes optimal zu entfalten. Die positive Kraft, die umso wirksamer ist, je mehr Menschen von ihr erreicht werden. Unabhängig von Geschlecht, Alter, Behinderung, sozialem, religiösem oder kulturellem Hintergrund.

Dialogforum zum Thema „Olympia in Hamburg“: Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, Sonnabend, 10.30 bis 17 Uhr