Kritik an schwarz-grüner Landesregierung in Schleswig-Holstein. Aktion wirkt auf die Menschen überhastet und nicht vertrauensstiftend.

Je nachdem, wer das Sagen hat, war die Haushaltssperre der „Beweis von Handlungsfähigkeit“ (Ministerpräsident Daniel Günther), das „richtige Instrument nach der Steuerschätzung“ (Finanzministerin Monika Heinold) oder aber „unverhältnismäßig“ (Landesrechnungshof-Präsidentin Gaby Schäfer), eine „Kurzschlussreaktion“ (Thomas Losse-Müller, SPD) und „Panik“ (Christopher Vogt, FDP). Die Wahrheit dürfte irgendwo dazwischenliegen. Unstreitig ist: Die Ausgabensperre von gerade einmal 14 Tagen hat die Menschen in Schleswig-Holstein, allen voran Vereine und Verbände, die auf Geld vom Land angewiesen sind, massiv verunsichert. Darum wird es auch am Freitag in der Sondersitzung des Parlaments gehen.

Dass die Opposition einen „Dilettantenstadl“ ausmacht, gehört zum Geschäft. Aber dass Gewerkschaften, Sozialverbände, Mieterbund, jüdische Gemeinden und norddeutsche Wohnungsunternehmen sich gemeinsam gegen die Regierung positionieren, trifft Schwarz-Grün ungleich härter. Den Appell, Kürzungen im Sozialbereich auch mit Blick auf die Belastungen durch Pandemie, Krieg, Inflation und Flüchtlingsunterbringung sein zu lassen, hat sich die erst ein Jahr junge Regierung selbst eingebrockt. Die Botschaft dieses gesellschaftlichen Bündnisses lautete: Schwarz-Grün gefährdet sozialen Frieden und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Schleswig-Holstein spart 94 Millionen Euro ein

Und wofür die Unruhe? Um am Ende 94 Millionen Euro einzusparen und nach 14 Tagen zu normalem Regierungshandeln zurückzukehren. Auch wenn der Ministerpräsident jetzt betont, man habe das gemacht, „was wohl jeder Bürger und jede Bürgerin tun würde, wenn die Ausgaben steigen und die Einnahmen sinken“ – die Aktion wirkt auf die Menschen im Land überhastet und nicht vertrauensstiftend.

Bei der Landtagswahl haben Günther und die CDU vom großen Vertrauen der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner in die Person des Regierungschefs und die Arbeit seines Kabinetts profitiert. Rund drei Viertel der Menschen gaben an, zufrieden oder sogar sehr zufrieden zu sein mit dem Regierungshandeln – auch, weil Jamaika, also das Bündnis von CDU und Grünen mit der FDP, das Land ziemlich unbeschadet durch die Pandemie geführt hatte. Und jetzt?

Sorge vor „Last-Minute-Buchungen“

Das Vertrauen von Finanzministerin Monika Heinold in die Ausgabendisziplin ihrer Kabinettskollegen scheint nicht sonderlich ausgeprägt zu sein. Noch während die Ministerinnen und Minister auf dem Weg waren, ihre engsten Vertrauten über die Haushaltssperre zu informieren, hatte die grüne Hüterin der Finanzen schon alle vermeidbaren Ausgaben gestoppt und die Sperre im System hinterlegt. Zu groß war die Sorge vor „Last-Minute-Buchungen“.

Das drastische und selten verwendete Machtinstrument einer Haushaltssperre gilt meist über mehrere Monate hinweg und nicht nur für 14 Tage. Es greift, wenn die Steuereinnahmen in Folge von Wirtschafts- und Finanzkrisen dramatisch wegbrechen. Aktuell sinken die Einnahmen, die Ausgaben steigen, aber eine Wirtschafts- oder Finanzkrise ist nicht in Sicht.

War das jetzt der „große Wurf“?

Den weitaus größten Posten streichen die Ministerien bei sich – bei Dienstreisen, Bürobedarf, Fortbildungen, Repräsentationen. Darüber hinaus kürzt das Innenministerium beispielsweise beim Einbruchsschutz, während die Zahl der Wohnungseinbrüche steigt. Das Umweltministerium, das die umstrittene Idee eines Nationalparks Ostsee vorantreibt, streicht die Entschädigung von Bauern bei Gänsefraß zusammen. Nach einem großen Wurf, der ohne Haushaltssperre nicht möglich gewesen wäre, klingt das alles nicht.