In der CDU/CSU drängen viele darauf, sich früh festzulegen. Das hat auch mit dem Erfolg von Olaf Scholz zu tun.

Was haben Olaf Scholz und Joe Biden gemeinsam? Sie wissen jetzt schon, lange vor der nächsten Wahl in ihren Ländern, dass sie noch einmal antreten werden. Grundsätzlich bleibt Inhabern wichtiger Regierungsämter auch nicht viel anderes übrig, selbst wenn sie wie der amerikanische Präsident über 80 Jahre alt sind.

Der Amtsbonus ist bei Wahlen allein deswegen ein gewaltiger Faktor, weil viele Menschen auf den setzen, den sie kennen und der den Job schon einmal gemacht hat. Das kann so weit gehen wie bei Angela Merkel, die von Wiederwahl zu Wiederwahl nicht mehr tun musste, als Angela Merkel zu sein. Motto, genau: Sie kennen mich.

Olaf Scholz hat relativ unbemerkt und noch früher als Biden auf die Frage in einem Interview, ob er 2025 (!) erneut als Kanzlerkandidat bereitstehe, mit Ja geantwortet. Tatsächlich ist das Projekt Wiederwahl bei der SPD wenige Wochen nach dem Sieg bei der Bundestagswahl 2021 angelaufen, diesmal unter der Leitung von Kevin Kühnert. Der Generalsekretär hofft, dass die SPD erneut von der langen Vorbereitungsphase profitieren wird, von der Zeit, die sie hat, den Wahlkampf zu planen und zu inszenieren.

Kanzlerkandidat: Viele in der CDU/CSU wollen schnelle Festlegung

Die frühe Nominierung des Kanzlerkandidaten vor der Wahl 2021 war einer der Gründe für den Überraschungserfolg von Olaf Scholz, das hat man auch bei der CDU/CSU regis­triert. Nicht von ungefähr gibt es in der Union Stimmen, die auf eine möglichst schnelle Festlegung des Kandidaten drängen, um so etwas wie den Machtkampf zwischen Armin Laschet und Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder vor zwei Jahren zu verhindern.

Und man fragt sich: Warum sagt Friedrich Merz nicht einfach wie Joe Biden und Olaf Scholz, dass er antreten wird? Merz hat selbst betont, dass jemand, der Vorsitzender der CDU ist, bereit und in der Lage sein muss, Bundeskanzler zu werden. Er ist nicht nur dieser Vorsitzende, er hat den Posten so sehr gewollt, dass er sich dreimal (!) darum beworben und zwei Niederlagen weggesteckt hat.

Es wäre unglaubwürdig, wenn Merz seine Position nicht nutzen würde, um die nächste Bundesregierung anführen zu können. Schon, dass er das jetzt nicht klar formuliert, wird Söder als Zeichen der Schwäche erkennen und im Zweifel zu seinen Gunsten nutzen wollen. Wird Merz Kanzlerkandidat oder Söder? Was ist mit Hendrik Wüst, der mit Nordrhein-Westfalen das größte Bundesland als Ministerpräsident führt, was mit Schleswig-Holsteins Daniel Günther, der laut einer aktuellen Umfrage der beliebteste aller CDU-Politiker ist?

Wer kommt bei den Grünen zum Zug?

Die Diskussion wird weitergehen, wenn Friedrich Merz sie nicht beendet. Er unterschätzt, wie wichtig dieses Signal wäre und wie sehr die Wähler Klarheit schätzen, gerade in personellen Fragen.

Womit wir bei den Grünen wären, bei denen sich in der K-Frage die Geschichte tatsächlich zu wiederholen scheint. Das parteiinterne Duell zwischen Vizekanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock steht auf der Suche nach einem Kanzlerkandidaten abermals an, und es ist alles andere als ausgemacht, dass Habeck diesmal zum Zug kommt, nur weil Baerbock ihre Chance 2021 hatte.

Das Argument, eine Kandidatin statt eines Kandidaten zu haben, verfängt bei den Grünen immer noch, insbesondere angesichts des Personalangebots der Wettbewerber, das rein männlich sein dürfte, siehe oben. Kommt hinzu, dass Baerbock in ihrem Amt, zumindest in den Augen grüner Wählerinnen und Wähler, an Kontur gewonnen hat, während Habeck mit seiner Popularität gern Achterbahn fährt und derjenige Minister in Scholz’ Kabinett ist, der den Bürgern in den Jahren bis zur Bundestagswahl am meisten zumuten wird.

Dass er aufs Tempo drückt, hat mit den Dringlichkeiten des Klimawandels zu tun – aber auch mit dem Herannahen der nächsten Legislaturperiode, die die Auswahl eines Kanzlerkandidaten spätestens in einem Jahr nötig macht.