In der Bundesliga mussten sich Hamburgs Basketballer zeitweise mit Abstiegskampf beschäftigen. Wiese der EuroCup dennoch wichtig ist.

In der Geschäftsstelle des Basketball-Bundesligisten Veolia Towers Hamburg hängt ein Poster mit der Inschrift „Wir verlieren nicht, wir lernen“. Sollte dieser Satz aus der Vorhölle der ohnehin diabolischen Motivationssprüche auch nur im Keim stimmen, haben die Wilhelmsburger genug Material, um den Stein der Weisen zu schleifen. Denn sie verloren viel in dieser Saison. So auch am Dienstagabend, als die Hamburger in Lettlands Hauptstadt Riga gegen den ukrainischen Club Prometey Sloboschanske im Achtelfinale des EuroCups ausschieden.

Gründer und Sportchef Marvin Willoughby betonte im Nachgang – na, was wohl? Wie viel die Towers durch ihre Trips über den Kontinent gelernt hätten, wie sehr sie als Organisation daran wachsen könnten. Dringende Aufgabe des 2013 gegründeten Clubs ist es nun, das Gelernte auch umzusetzen.

Basketball: Towers setzten auf Understatement

Der Verein selbst stellt sich gern als frisches Unternehmen mit Start-up-Strukturen und Wettbewerbsnachteilen dar. Wäre dem wirklich noch so, hätten die Hamburger in den vergangenen Jahren schlecht gearbeitet – was sie nachweislich nicht getan haben, weswegen ihnen eine enttäuschende Spielzeit wie die aktuelle auch unbedingt verziehen werden muss.

Das seit dem Aufstieg 2019 ausgegebene Ziel hat sich jedoch seitdem nicht geändert: sich in der Bundesliga zu etablieren. Mal ehrlich, wer lässt sich mit derart vagen und zurückhaltenden Formulierungen noch hinterm Ofen hervorlocken? Die überraschende Antwort: ziemlich viele. Ihre 3400 Menschen fassende edel-optics.de Arena im Wilhelmsburger Inselpark verkaufen die Towers so gut wie immer aus, die Sponsoringeinnahmen wachsen sukzessive.

Towers brauchen eine klare Vision

Dies ist ein Auftrag, das vorhandene Potenzial zu erkennen und durch eine klare Vision zu nutzen. Mutigere Ambitionen zu formulieren, wäre ein erster Schritt dazu. Denn Substanz und Kompetenz dafür sind bei den Towers allemal vorhanden.

Daher ist es ein Geschenk, dass das Mitwirken am europäischen Wettbewerb im Basketball nicht zwingend an das sportliche Abschneiden in der nationalen Liga gekoppelt ist. Es ist kein Geheimnis, dass der EuroCup die Towers als Teilnehmer aus einer Metropole behalten möchte. Es darf nicht zweimal darüber nachgedacht werden, diese Chance wahrzunehmen.

Es gibt Kritiker am europäischen Weg der Towers, die glauben, eine Doppel- beziehungsweise inklusive nationalem Pokal Dreifachbelastung schade; die lieber sehen würden, dass der Club sich ausschließlich auf die heimischen Wettbewerbe konzentrieren sollte. Verzeihen Sie die Deutlichkeit, aber was für ein Schwachsinn. Bitte nachsitzen.

EuroCup ist für Spielerverpflichtungen elementar

Einerseits ist es nicht der Anspruch eines Leistungssportlers sowie einer Profisportorganisation, freiwillig auf das Privileg Europapokal zu verzichten. Andererseits gibt es ganz dingfeste Gründe für eine Teilnahme. Die basalsten zuerst: Spieler. Wer erwartet, lediglich auf die Bundesliga zu setzen, um dort große Erfolge generieren zu können, läuft in eine Sackgasse.

Denn die Akteure, die den Unterschied machen, heuern bei international spielenden Mannschaften an – im Zweifel sogar für etwas weniger Salär, um sich einer breiteren Bühne präsentieren zu können. Hinzu kommen zusätzliche Vermarktungsmöglichkeiten durch weitere Begegnungen in der Arena und vor dem TV.

Und weswegen rangieren die Towers nun trotz EuroCup-Tickets nur auf dem 14. Platz in der Bundesliga? Im Nachhinein lässt sich klug reden, aber ein Ansatz dürfte eine Fehlkalkulation bei der Kaderplanung gewesen sein. Kritik, die sich Willoughby, der den zeitintensiven Job des Sportdirektors neben seiner Funktion als Geschäftsführer und vielfach nachgefragter Galionsfigur ausübt, gefallen lassen muss, aber auch gefallen lässt. Er lernt ja.

Mit anfangs nur zehn Profis war das Team zu dünn besetzt. Schwerer wiegt allerdings, dass es ihr an Toptalent fehlte. Basketball, ein Sport bei dem nur fünf Spieler pro Mannschaft auf dem Feld stehen, wird allerdings in der Spitze entschieden, weil der Einzelne viel mehr Geltungsraum besitzt als es beispielsweise beim Fußball der Fall ist. Das allseits beliebte „There is no I in team“ („Es gibt kein Ich im Team.“), das sicher auch irgendwo im Towers-Büro plakatiert ist, ist anno 2023 leider entkräftet.