Hamburg. Karl Lauterbachs Pläne bedrohen die medizinische Versorgung in der Hansestadt. Was Patienten wissen sollten.
Die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist gleichzeitig überfällig und überflüssig. Endlich packt der bereits als twitternder „Ankündigungsminister“ verschriene Studien-Rezitator die Neuordnung der Klinik-Landschaft an. „An Erkenntnissen mangelt es nicht“, heißt es ironisch unter Experten. Denn sie betonen gebetsmühlenartig und fast schon mit Gähn-Faktor, dass einfach zu viele Krankenhäuser nur am Tropf ihrer Betreiber und der Krankenkassen hängen, ohne dass die Patientinnen und Patienten etwas davon haben.
Es gibt vor allem in ländlichen Regionen Häuser, die so selten bestimmte Eingriffe durchführen, dass sie einfach nicht die Qualität liefern können, die andernorts in Zentren und von Spezialabteilungen routinemäßig erbracht wird. Und doch bekommen sie dieselbe Vergütung.
Dafür sind die Fallpauschalen verantwortlich, die sogenannten Diagnosis-related Groups (DRG). Das Kreis-Krankenhaus, die Provinzklinik und manch andere Mini-Institution des deutschen Gesundheitswesens sind Mythen wie der Bergdoktor oder der Landarzt. Jedoch: Wer als Politiker auch nur mit dem Gedanken spielt, eine Klinik für verzichtbar zu erklären, riskiert seine Glaubwürdigkeit, seine Legitimität im Amt – und die Wiederwahl.
Krankenhaus Hamburg: Lauterbachs Pläne sind unüberlegt
Dabei lassen sich kleine Häuser mit viel Esprit und Ideen in Elementareinheiten umwandeln, die zum Beispiel eine erste Notfallversorgung anbieten, Chirurgie und Innere Medizin. Und natürlich lässt sich aufgrund des medizinischen Fortschritts glücklicherweise immer mehr ambulant bei Fachärzten machen. Das begrenzt die Krankenhausaufenthalte und die daraus entstehenden Kosten weiter.
Doch auch Asklepios-Vorständin Sara Sheikhzadeh hatte im Abendblatt gefordert, dass kleine, nicht für die Versorgung existenzielle, unrentable Häuser zusperren müssten. Die im eigenen Konzern schloss sie ausdrücklich ein.
Facharztklinik, Krankenhaus Jerusalem als Reform-Verlierer?
Wie gesagt: So viel Erkenntnis war selten. Doch in Hamburg würde Lauterbachs Reform in ihrem aktuellen Aggregatzustand das Gegenteil bewirken. Hier braucht man nicht nur alle modern strukturierten Asklepios-Häuser. Hier wächst das UKE weiter, prosperieren Albertinen- und Marienkrankenhaus.
Hier haben so beliebte Geburtskliniken wie Elim und Bethesda ihr Zuhause, wurde das Jerusalem zum deutschlandweit beachteten Mammazentrum (zertifizierte Brustkrebs-Spezialisten), atmet die Facharztklinik den innovativen Geist der niedergelassenen OP-Ärzte. Jeder dritte Patient hier kommt von auswärts – eben weil an Alster und Elbe die von Lauterbach angemahnten Kriterien Erfahrung und Qualität über dem Niveau rangieren.
Käme nun die Reform-Einteilung zum Tragen, verschwänden in Hamburg Geburtsstationen und es wären wichtige Spezialhäuser in ihrer Finanzierung ernsthaft bedroht. In einer Medizin-Metropole mit Sogwirkung ergibt es keinen Sinn, in Mini-Kliniken, Grundversorger und Maximalversorger einzuteilen oder einen Fünf-Kilometer-Radius zu ziehen. Und dann auch noch danach die Honorare zu verteilen, käme einem Todesstoß für medizinische Exzellenz gleich. Hier greifen bereits Synergien von großen und kleinen Häusern. Und es ist ebenso wenig sinnvoll, wenn jede Spezialklinik sich nun um einen Hubschrauberlandeplatz bemüht, um die Lauterbachschen Notfallkriterien zu erfüllen.
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Krankenhaus Hamburg: Lauterbachs Reform soll "frei von Lobbyisten" sein ...
Ausgerechnet in der komplexesten, umfassendsten Reform wollte Minister Lauterbach eine Kommission einsetzen, die „frei von Lobbyisten“ sein sollte. Klingt gut, hat den Praxistest jedoch nicht bestanden. Wer dauerhaft Experten aus Krankenhäusern und Krankenkassen so diffamiert und von politischen Prozessen fernhält, verwirkt die Legitimität seiner Entscheidungen.
Ergibt sich zudem, dass Lauterbach, der früher ordentlich vergütet im Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken saß, einen alten Bekannten aus dem dortigen Umfeld in seine Krankenhaus-Kommission berief, ahnt man Schlimmes. Das hat mehr als nur ein Geschmäckle.