Durch ihren schnellen Einsatz konnten die Beamten weitere Opfer verhindert. Die Tat macht traurig und fassungslos.

Sieben Menschen sind getötet worden, darunter ist ein ungeborenes Kind. Acht Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, darunter die schwangere Frau in der 28. Woche, die einen Bauchschuss erlitt. Die Bilanz des Amoklaufs von Hamburg ist verheerend. Hier, im bürgerlichen Alsterdorf, ist das passiert, was sonst Schlagzeilen macht in den USA oder irgendwo in Skandinavien – bei uns bislang aber undenkbar schien: Ein Mann tötet bei einem Amoklauf sieben Menschen und schließlich sich selbst. Die Tat macht traurig und fassungslos.

Es ist zu früh, sich in einem Kommentar mit den Fragen zu beschäftigen, die sich aufdrängen, es ist zu früh, die Antworten auf diese Fragen politisch einzuordnen. Was treibt einen Menschen in einen Amoklauf? Was geht in jemandem vor, der mit halbautomatischer Waffe immer und immer wieder in eine Menschengruppe hält und in Sekunden ein ums andere Mal das Magazin wechselt? Warum hatte man diesem Mann eine Waffenbesitzkarte zuerkannt?

Warum sie nicht gleich wieder entzogen, als anonyme Hinweise auf eine mögliche psychische Störung auftauchten? Hätten die Sicherheitsbehörden gewarnt sein müssen? Sind die Gesetze und Vorschriften zu lasch? All das ist wichtig, darauf muss es Antworten geben. Aber Konsequenzen gleich am Tag nach der Tat zu fordern, an dem vieles unklar ist, verbietet sich hier – auch aus Respekt vor den Opfern.

Auf jeden Fall Respekt verdienen die Polizisten, die im Einsatz waren

Auf jeden Fall Respekt verdienen die Polizisten, die im Einsatz waren. So brutal es angesichts von sieben getöteten Menschen, acht Verletzten und des Suizids des Täters auch klingt: Das Konzept der Polizei für Amoklagen ist aufgegangen. Binnen von nicht einmal fünf Minuten waren die ersten Polizisten vor Ort. Gleich darauf folgten die Spezialkräfte. Und die legten einen Einsatz nach dem Lehrbuch hin: Sie isolierten mit hoher Professionalität den Täter, setzten ihn unter Druck, trieben ihn weg von seinen nächsten potenziellen Opfern. Munition für viele weitere Tote hatte der Mann noch bei sich. Doch er musste sich auf die eintreffenden Spezialeinheiten konzentrieren. Die Polizisten wurden selbst zu Zielscheiben, um Unbeteiligte zu schützen.

Es ist gerade einmal sechs Wochen her, dass ein 33 Jahre alter Mann in der Regionalbahn von Kiel nach Hamburg zwei junge Menschen ermordete und mehrere Fahrgäste schwer verletzte. Seine Tatwaffe: ein Brotmesser, das es in jedem Supermarkt zu kaufen gibt. Es braucht keine halbautomatische Waffe für ein grauenhaftes Verbrechen.

In Brokstedt war es keine Spezialeinheit wie in Alsterdorf, hier waren es zwei einzelne, erfahrene Polizisten, die sich als Erste in den Zug trauten. Sie wussten nicht, was sie dort erwarten würde: War der Täter noch in einem der Waggons und lauerte irgendwo? Hatte er einen Komplizen, von dem sie nichts wussten? Die beiden haben ihren Job gemacht, haben Wagen um Wagen durchkämmt, sind durch Blutlachen gewatet, haben ermordete junge Menschen entdeckt, sind auf Verletzte gestoßen und haben nach dem Täter gefahndet – das war für sie selbstverständlich.

Irgendwann vor ein paar Jahren hat eine beängstigende Entwicklung eingesetzt: Der Respekt vor der Polizei sank, die Gewalt gegen sie nahm zu. Polizisten werden bedroht, beschimpft, mit Steinen beworfen, mit Messern angegriffen, mit Eisenstangen geschlagen. Und das nur, weil sie Polizisten sind. Dabei verdienen sie unseren Respekt und unsere Anerkennung. Wie in Alsterdorf und Brokstedt.