Hamburg. Ein paar Bänke, Bäume und autofreie Straßen: Mit diesen Ideen für die Innenstadt lässt sich das Blatt nicht wenden.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass Bürgermeister Peter Tschentscher, Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) und die Innenstadtkoordinatorin Elke Pahl-Weber zusammen auftreten. Entsprechend groß waren manche Erwartungen an die Ergebnisse des „Runden Tisches Innenstadt“. Der römische Dichter Horaz hätte es am Ende wahrscheinlich so kommentiert wie in seiner „Ars Poetica“: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuschen.

Ein paar Bänke hier, einige Bäume da, mehr Aufenthaltsqualität, die obligatorischen Straßencafés und Straßenkultur und eine Verkehrsberuhigung der Steinstraße. Das alles klingt nicht falsch, ist aber zu wenig, um Hamburgs schwächelndes Herz zu kräftigen. Es ist Kosmetik für eine Kranke. Und es bleibt am Ende zu vage, weil die Notlage der City ja nun schon viele Jahre währt und kaum gelindert wird. Workshops, Absichtserklärungen und ein Beginn der Umbauarbeiten in zwei Jahren sind einfach zu wenig.

Möglichkeiten der Politik in Hamburg sind begrenzt

Natürlich gehört zur Wahrheit dazu, dass die Möglichkeiten der Politik begrenzt sind: Die privaten Immobilienbesitzer müssen mitspielen und sich von überzogenen Renditeerwartungen lösen, manche über Jahrzehnte gewachsene Probleme löst man nicht über Nacht: Seit mehr als einem Jahrhundert hat die Stadt die Bewohner aus dem Herzen der Stadt verdrängt, eine Neubesiedlung dauert. Die Lage am Bau macht Wohnungsbau nicht eben einfacher. Die Probleme des Handels angesichts der Onlinekonkurrenz und der Wirtschaftskrise erschweren die Lage der City weiter. Und ein Runder Tisch ist natürlich kein Parlament.

Und doch hätte man mehr konkretere Vorschläge erwarten dürfen. Weder für die beiden vor bald zweieinhalb Jahren leer gefallenen Kaufhäuser von Karstadt Sport und Kaufhof gab es am Montag neue Ideen, noch wurde ein zusätzlicher Frequenzbringer angekündigt. Seit dem Wahlkampf 2020 hört man nicht mehr viel vom „Haus der Digitalen Welt.“ Auch die verstärkte Integration der Binnenalster – Hamburgs ästhetischer Standortvorteil – kam bei der Präsentation der Ergebnisse nur theoretisch vor. Und die zentrale Frage nach einer besseren Verbindung zur HafenCity wurde nur am Rande erwähnt. Die geplante Verkehrsberuhigung der Steinstraße könnte am Ende sogar das Problem verschärfen, statt es zu lösen – denn einmal mehr werden Autofahrer aus der City gedrängt. Und es bedarf viel Fantasie, sich diese breite, von Kontorhäusern eingefasste Straße als einen Boulevard zum Schlendern vorzustellen.

Fantasie hingegen wäre gefragt, um endlich Wege von der Innenstadt zur HafenCity ganz neu zu gestalten – zwar beträgt die Distanz nur rund einen Kilometer, aber diese Route ist unwirtlich und muss die Schneise der Willy-Brandt-Straße überqueren. Dort bedarf es einer Fußgänger- und Radlertrasse, die den Weg zum Ziel macht. Hamburg benötigt eine Achse der Zukunft, die jeden Besucher automatisch von der Binnenalster an die Elbe führt. Immerhin: Ein Workshop läuft jetzt an, konkrete Vorschläge werden erarbeitet. Sie sind auch bitter nötig: Während sich die Krise der Innenstadt in den kommenden Monaten noch zuspitzen dürfte, wird die HafenCity im Frühjahr 2024 mit der Eröffnung des Überseequartiers ihre Initialzündung erleben.

Mit dem XXL-Überseequartier aus Unterhaltung und Einzelhandel erwächst Hamburgs City eine ernste Konkurrenz. Es wird höchste Zeit, dass der Runde Tisch runde Sachen abliefert – und die Umsetzung sofort beginnt.