Die „Visions“-Biennale traf auf ein Publikum, das neugieriger und offener geworden ist.

Schon vor vielen Jahren gab es immer wieder mal risikofreudige Anläufe und risikofreudige Künstler, die zeitgenössische Klänge im Selbstverständnis der – damals noch sehr behaupteten – Musikstadt Hamburg verankern wollten. Das war immer löblich und mutig, aber oft nicht ganz ohne Reibung.

Ingo Metzmacher hat als Generalmusikdirektor für sein damaliges Musikfest-Format sieben Blaskapellen gleichzeitig auf Alsterdampfern spielen lassen, hat Stockhausen und Nono groß auf die Programme gesetzt. Der damalige NDR-Chefdirigent Christoph Eschenbach ließ 2000 zum Jahrtausendwechsel sieben Uraufführungen komponieren.

„Visions“-Biennale trifft auf neugierige Hörer

Jetzt, eine fertig gebaute Elbphilharmonie und einige Jahre Spielbetrieb später, sind solche Ausreißer ins Aktuelle einfacher und weniger nur Feigenblatt. Das von NDR-Chefdirigent Alan Gilbert aus New York nach Hamburg umgetopfte Konzept der „Visions“-Biennale, die am Sonntag ausklang, traf auf ein Publikum, das neugieriger und offener geworden ist. Voll waren die Säle nicht immer – aber früher wären sie hier garantiert viel leerer gewesen.

Ausschließlich frische Musik, klug kuratiert, handliche Portionen. Dazu Gespräche mit den Komponistinnen und Komponisten, um den ersten Eindruck dieser Begegnungen nahbarer zu machen. Kenn ich nicht, hör’ ich nicht, mir doch egal? Diese legitime Haltung ist natürlich nicht komplett verschwunden. Aber sie ist aufgeweicht worden. Bildungsauftrag erfüllt, kann man dazu nur gratulieren.

Dass eine öffentliche Einrichtung und ein öffentlich-rechtliches Orchester dafür gemeinsame Sache machten (schöne Grüße an den Fusionsflüsterer Tom Buhrow in die WDR-Chefetage), zeigt: Es geht, wenn man klug vorgeht und nicht billig unterfordern will.