Hamburg. Zerschlagung des Verlagshauses ist ein Skandal: Nach Heuschrecken-Manier wird das Haus mit seinen rund 1500 Mitarbeitern filetiert.

Wer das Unternehmen Bertelsmann, immerhin tief verankert in der westfälischen Provinz, noch für bodenständig hält, sollte einmal ins Internet schauen: „Unser Sense of Purpose: To Empower. To Create. To Inspire“ – prangt da auf der deutschen Webseite, und mit denselben Schlagworten beschreibt Bertelsmann seine Essentials in 17 anderen Sprachen von Russisch über Schwedisch bis Chinesisch. Gemeint ist mit diesem Kauderwelsch „Ermöglichen, Neues schaffen, begeistern“.

Fragt man beim Ex-Verlagshaus Gruner + Jahr, das mit seinen Milliardengewinnen Bertelsmann einst mit großgemacht hat, hört man von Mitarbeitern etwas anderes. Sie erzählen eher vom Verhindern, Zerschlagen, Demotivieren. Noch vor einem Jahr schwärmte Bertelsmann- und RTL-Chef Thomas Rabe von den Chancen der Integration der großen Medienmarken vom Baumwall.

Gruner + Jahr: Ein großes Medienhaus wird filetiert

Nun verfolgt er das genaue Gegenteil. Nach Heuschrecken-Manier wird das Haus mit seinen rund 1500 Mitarbeitern filetiert; im Angebot steht fast das gesamte Erbe des einstmals stolzen Medienhauses – und viele Magazinmarken sind weiterhin hochprofitabel.

Das Problem: Die Renditen entsprechen offenbar nicht den Plänen und Erwartungen des ehrgeizigen CEO Rabe. Das Unternehmen Bertelsmann, das sich in schweren Zeiten Ende der 70er-Jahre mit Umsatzrenditen im Promillebereich begnügen musste, möchte in Hamburg heute ein Vielfaches.

Wie heißt es in bereits zitierten Essentials? „Wir übernehmen Verantwortung in der Gesellschaft und für unsere Umwelt – mit dem Ziel, eine bessere Zukunft zu gestalten.“ Es wäre an der Zeit, sich dieser wohlklingenden Worte zu erinnern.