Hamburg. Hajo Schumacher blickt in seiner Abendblatt-Kolumne auf die schwierige Lage während der Corona-Pandemie zurück.

Zu den ekligsten Erfindungen der Menschheit gehört der Abschlussbericht. Mein schönstes Ferienerlebnis, Steuererklärung, Praktikumsbilanz, Testament – ein Leben in Abschlussberichten. Traumatisch wirkt bis heute die Berichtigung nach: Wie ein Welpe wurde man mit der Nase mitten in seine Unzulänglichkeiten gestoßen; erst das Korrigieren schloss die elende Klassenarbeit ab.

Jahrzehnte später, oft einhergehend mit dem Elternsein, kam dann die Einsicht: gar nicht blöd, diese Abschlussberichte. Fehler werden erkannt, korrigiert und am besten nicht wiederholt. Womit wir bei der Pandemie wären, die wir verdrängen wie damals die Klassenarbeit. Pandemie ist ein anderes Wort für Fehlermachen.

Nur langsam kamen die Fakten zum Unwissen

Wir wussten ja nichts. Masken, Lüften, Impfen, Rotwein-Therapie – erbittert haben wir uns auf Grundlage von Gefühltem gestritten. Langsam kommen nun die Fakten dazu. Kita-Schließungen wären nicht nötig gewesen, befand eine Kommission unlängst. Wir erinnern uns: Jede Kita außer Dienst erzeugt eine Welle nachlaufender Probleme.

Tja, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Gern hätte man auch gewusst, was das Virus in Schulen, Seniorenheimen, Sportvereinen angerichtet hat oder warum das Tübinger Modell der Notfallärztin Lisa Federle politisch bekämpft wurde. Tja.

Abschlussberichte sollen Klarheit schaffen

Wenn Pandemien einen Sinn haben, dann liegt er im Abschlussbericht. Welche Maßnahme hat funktioniert, wo lief was falsch? Nein, keine Fortsetzung des Gesellschaftsspiels „Schuldzuweisen“, sondern einfach Klarheit, ob Klassenzimmer im Winter luftgefiltert oder stoßgelüftet werden sollen.

Auch diese Frage lässt jener erbärmliche Abschlussreport offen, den die Regierung („Bildung, Bildung, Bildung“) im Schutz der Sommerferien vorlegte. Schuf das 200 Millionen Euro schwere „Förderprogramm mobile Luft­filter 2021“ Lebensretter oder Elektroschrott? Wie viele Geräte lagern originalverpackt in feuchten Schulkellern? Antwort: keine Ahnung, keine Daten. Egal.

Das Umweltbundesamt warnt ohnehin, die Kisten einzuschalten. Der Stromverbrauch ist zu hoch.