Hamburg. Vor allem fieber- und blutdrucksenkende Mittel fehlen in Hamburger Apotheken – doch auch andere Medikamente werden knapp.
Wenn Apotheker den letzten Fiebersaft unter ihren Patienten verlosen müssen, dann merkt man, wie kritisch die momentane Situation in Deutschland ist. Für die Patienten hat sich ein Suchspiel entwickelt, um in Hamburger Apotheken das letzte benötigte Medikament zu ergattern – und das inmitten der Erkältungswelle, die über die Stadt rollt.
In Hamburger Apotheken werden Medikamente knapp
Nach Angaben der Apothekerkammer Hamburg sind zurzeit 600 bis 900 Arzneimittel nicht lieferbar. Davon sind erst 280 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgelistet. Seit drei bis vier vier Monaten fehlen nun schon vor allem fieber- und blutdrucksenkende Medikamente sowie Schmerzsäfte. Darunter leiden überwiegend Kinder.
Mohammad Saleh, Inhaber der City Apotheke und der Adler Apotheke, ist ratlos und verzweifelt, wenn er den Kindern nicht helfen kann und ihre Eltern mit leeren Händen wegschicken muss. „Die Lieferengpässe sind hier auf jeden Fall spürbar“, sagt Saleh.
Lieferengpässe bei Hamburger Apotheken
Auf Nachfrage erhalten die Apotheker keine genauen Begründungen für die momentanen Lieferengpässe. „So was habe ich noch nie in 13 Jahren Arbeitszeit erlebt“, berichtet Tanja Thanbichler aus der Stresemann Apotheke. Einige erklären sich die derzeitige Lage mit den Hilfspaketen für die Ukraine. Deutschland schicke regelmäßig seit Beginn des Krieges Kisten voller Medikamente an Hilfsbedürftige. Auch die anhaltende Corona-Pandemie und der resultierende Rohstoffmangel könnten mit ursächlich sein.
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Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, verbindet die Engpässe mit dem wirtschaftlichen Druck auf Deutschland. „Deutschland ist nicht mehr das Hochpreisland der Pharmaindustrie“, sagt er. Deutschlands Pharmaindustrie sei abhängig von Produkten aus China und Indien. Auch hätten sich viele Hersteller wegen der steigenden Energiekosten zurückgezogen.
So kompensieren Hamburger Apotheken den Medikamentenmangel
Um den Medikamentenmangel zu kompensieren, variiert beispielsweise die Apotheke in Schnelsen die Packungsgrößen. Statt 100 Tabletten erhalte der Kunde beispielsweise zweimal 50 oder dreimal 30 Tabletten.
Teilweise werde direkt auf Ersatzpräparate von anderen Herstellern zurückgegriffen. Weitere Übergangslösungen, wie Zäpfchen für Kinder, seien mittlerweile ebenfalls aufgebraucht. Medizinische Säfte werden nur noch auf Rezept ausgehändigt. Es gebe wohl einige Apotheken, die aus Not ihre eigenen Säfte herstellen. Jedoch ist dies zeitaufwendig und wird durch den Fachkräftemangel erschwert.
Wie sich die Zukunft entwickelt, sei vielen Hamburger Apothekern noch ein Rätsel. Eins steht jedoch fest: Apotheker können nicht viel länger dem Druck der derzeitigen Lieferengpässe standhalten. So müssen sie größtenteils zusätzlich unbezahlte Stunden aufwenden, um der Medikamentenknappheit im Lager entgegenzuwirken. Wie, wann und ob sich die Lage bessert, ist ungewiss.