Energiekrise, Inflation, Corona-Nachwirkungen und sinkende Nachfrage: Hamburger Theater und Konzert-Angebote sind bedroht.

Was wird aus unseren Theatern? Die Frage stellt sich noch nicht akut, weil staatliche Hilfsprogramme nach wie vor die finanziellen Lücken ausgleichen, die durch deutlich zu geringe Zuschauerzahlen entstehen. In Hamburg ist man Kultursenator Carsten Brosda für dessen großzügige Unterstützung überaus dankbar, „der Mann ist in Geld nicht zu bezahlen“, heißt es.

Aber irgendwann wird die Stadt dieses Geld, das zusätzlich zu den herkömmlichen Subventionen benötigt wird, nicht mehr bezahlen können oder wollen. Und dann?

Theater Hamburg: Immer weniger Zuschauende seit Corona

Die Antwort wird das Jahr 2023 geben, und wie sie ausfällt, ist offen. Zu befürchten ist, dass die meisten Theater in den kommenden Monaten an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit getrieben werden, einige darüber hinaus. Das hat mehrere Gründe, im Kern geht es aber um das, was zu Beginn der Corona-Pandemie als das „neue Normal“ bezeichnet wurde und das wir jetzt in Theatern, aber auch bei Konzerten und anderen kulturellen Terminen erleben.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer kommen nicht mehr in dem Maße, wie es die meisten Häuser vor 2020 gewohnt waren. Vergleicht man die Auslastungszahlen von heute mit denen von 2019, so sind die Ergebnisse in der Regel ernüchternd, was zu einem Teil natürlich auch daran liegt, dass das letzte Jahr vor Corona für viele Kulturhäuser ein Jahr der Rekorde war, insbesondere in Hamburg. Aber dass man daran jetzt nicht ansatzweise anknüpfen kann, obwohl die Pandemie langsam zu einer weniger bedrohlichen Endemie wird, muss Sorgen machen.

Und seien wir ehrlich: Ohne die Brosda- und andere Hilfen würden viele Künstler und Theater schon jetzt ums Überleben kämpfen. Das Pro­blem: Dieser Kampf ist nur aufgeschoben auf den Moment, in dem die zusätzlichen staatlichen Gelder nicht mehr kommen und ansonsten alles so bleibt, wie es ist.

Kultur steht vor großen Herausforderungen

Genau das ist leider im kommenden Jahr zu befürchten, in dem sich die negativen Faktoren für Kulturanbieter in einer Weise ballen, die bedrohlich werden kann – und dabei will ich von den steigenden Energie- und Personalkosten, die ja auch alle anderen betreffen, gar nicht sprechen.

Gefährlicher gerade für Theater ist die Melange aus dem Rest von Corona, einer neuen Bequemlichkeit, der viel zu hohen Inflation, dem Trend zum Homeoffice und schließlich einer Ballung von kulturellen Ereignissen, die aus den Jahren 2020, 2021 und zum Teil 2022 nachgeholt werden müssen.

Eintrittspreise steigen, verfügbare Gelder sinken bei vielen

Aber der Reihe nach. Dass derzeit erstaunlich viele Zuschauer zu Hause bleiben, liegt einerseits an einer nach wie vor verbreiteten Unsicherheit und Angst in beziehungsweise vor großen Menschenmengen. Hinzu kommt, dass wir es uns in der Pandemie notgedrungen zu Hause eingerichtet haben und inzwischen merken, dass das auch ganz schön ist. Soll heißen: Es fällt schwerer, sich aufzuraffen und ins Konzert oder Theater zu gehen, insbesondere dann, wenn man den Arbeitstag gar nicht im Büro in der Innenstadt verbracht hat, wo die Theater ganz in der Nähe liegen, sondern daheim.

Als wäre das nicht genug, schrumpft angesichts der hohen Energiekosten bei vielen Menschen der Teil des Geldes, den man zur freien Verfügung hat und etwa für Kultur ausgeben kann. Dort wiederum steigen die Eintrittspreise aus den bekannten Gründen ebenfalls, sodass man für eine Summe, die früher etwa für zwei Konzerte gereicht hat, plötzlich nur noch eines besuchen kann.

Ist die Kultur in Hamburg in Gefahr?

Grundsätzlich dürfte das Geld, das die Menschen für Kultur in Hamburg ausgeben, also weniger werden, vielleicht deutlich weniger. Die dadurch sinkende Nachfrage trifft aber voraussichtlich auf ein nie da gewesenes Angebot. Bedeutet: Für den einzelnen Kulturort und für die einzelnen Künstler wird es am Ende weniger zu verdienen geben – wobei damit zu rechnen ist, dass die Superstars wie immer einen großen Teil der Gelder absorbieren werden.

Das ist die Lage im zu Ende gehenden Jahr, in dem Künstler Sätze prägten wie „1000 ist das neue 3000“ oder „200 ist das neue 400“ und damit die sich verändernden Zuschauerzahlen meinten. In der Wirtschaft würde eine solche Entwicklung zu dem führen, was man Konsolidierung nennt. Standorte würden schließen und Arbeitsplätze abgebaut werden, so lange, bis Nachfrage und Angebot wieder in einer Balance wären. Theoretisch ist das auch in der Kultur eine Option, praktisch sollten wir es nicht so weit kommen lassen.