Hamburg. Sind die Feuer zeitgemäß? Diese Frage haben sich Matthias Schmoock und Jule Bleyer gestellt – mit unterschiedlichem Ausgang.

Osterfeuer, ja oder nein? Für Abendblatt-Redakteur Matthias Schmoock steht die Tradition für Gemeinschaftlichkeit – die stellvertretende Leiterin des Hamburg-Ressorts Jule Bleyer sieht das ganz anders: Schon lange ist die sogenannte Tradition zu einem Megaevent verkommen. Das Pro & Kontra.

Ja – Osterfeuer sind ein besonderes Fest für alle

Abendblatt-Redakteur Matthias Schmoock.
Abendblatt-Redakteur Matthias Schmoock. © Michael Rauhe

Zu den Osterfeuern äußern sich zurzeit jede Menge Leute, die sie offenbar nur vom Hörensagen kennen und entsprechend nicht deren besonderen Geist erfassen können. Anders ist es nicht zu erklären, dass laufend vor allem negative Aspekte heruntergeleiert werden – von plötzlich entdeckten Sicherheitsbedenken über den Kostenfaktor bis zur Klimaschädlichkeit. Die vier Feuer am Elbstrand sind aber faktisch eine der ganz wenigen authentischen Veranstaltungen für alle in der Stadt. Sie sind Rahmen einer traditionsreichen, vergleichsweise ruhigen Feier – und müssen es auch bleiben. Ihre besondere Qualität darf nicht zerredet und dann durch eine künstlich forcierte Verkleinerung zerstört werden.

Osterfeuer. Das war seit ewigen Zeiten vor allem Gemeinschaftlichkeit. Das waren echte Fahrrad-Sternfahrten zum Elbstrand – mit Tausenden disziplinierten Radlern. Das war Feuerwehr-Anschauungsunterricht für Kinder, das waren auch Musik und Klönschnack in toller Atmosphäre. Dass in manchen Jahren Flaschen gegen Häuser geworfen und Gärten verunreinigt wurden, ist wahr und zu verurteilen. Niemand will den Ärger darüber kleinreden, doch in Relation zur Größe der Veranstaltung waren es letztlich Kollateralschäden. Warum nun alles verkleinern – und wie? Soll es künftig Anmeldungen zur Teilnahme geben? Werden Besucherinnen und Besucher vertrieben, weil eine bestimmte Größe überschritten wird? Niemand versteht das, niemand kann es wollen. Erst vor wenigen Jahren hatte das Bezirksamt mit den Feuerbauern den „Altonaer Kompromiss“ ausgehandelt, der nun nicht mehr ausreichen soll. Warum nicht?

In den vergangenen zwei Jahren sind die Osterfeuer coronabedingt ausgefallen, und ob sie in diesem Jahr stattfinden können, ist fraglich. Dass die Altonaer Bezirksamtsleitung ausgerechnet vor diesem Hintergrund die großen Osterfeuer per se infrage stellt, statt den Menschen zur Abwechslung auch mal optimistische Signale zu übermitteln, wirkt instinktlos und total abgehoben.

Ständig gibt es neue Vorschriften und Reglementierungen, die zumindest Hamburgs Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dann auch brav beachten dürfen. Nun will uns die Politik also auch noch das korrekte Feiern beibringe

Nein – mit Tradition hat das schon lange nichts mehr zu tun

Jule Bleyer ist stellvertretende Leiterin des Hamburg-Ressorts.
Jule Bleyer ist stellvertretende Leiterin des Hamburg-Ressorts. © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt

Es ist ja schön, wenn etwas bleiben kann, wie es ist. Allein: Die Osterfeuer am Elbufer sind nun wirklich längst nicht mehr, was sie einmal waren. Aus dem gemütlichen Blankeneser Brauchtum ist ein stadt- und speckgürtelweites Großereignis geworden, für das die leidige Bezeichnung Megaevent mittlerweile deutlich besser passt als der in diesen Tagen ziemlich überstrapazierte Begriff Traditionsveranstaltung.

Für was wird sich da eigentlich verkämpft – und für wen? Die Partytouristen, die am Karsonnabend aus allen Himmelsrichtungen einfallen, alkoholisiert gefährlich nah um die Flammen tanzen, und, weil es eben nicht ihre Haustüren sind, vor denen das Ganze stattfindet, Müll und Bierflaschen am Strand zurücklassen? Wohl kaum. Ob so „Gemeinschaftsgefühl und Zusammenhalt vor Ort gestärkt“ werden, wie die vermeintlichen Traditionsbewahrer argumentieren, ist fraglich. Der jetzt ausgebrochene Streit tut es sicher nicht.

Und die Feuer selbst: Mit schwerem Gerät und mehreren Containern musste die Hamburg Port Authority in den vergangenen Jahren anrücken, um in den Tagen danach Hunderte Kubikmeter verdreckten Boden auszutauschen und zerstörte Rasenflächen neu anzulegen. Kosten allein dafür: 60.000 Euro. Vom Einsatz für Polizei und Feuerwehr noch gar nicht zu sprechen. Es ist eben nicht so, dass die – in der Regel bestimmt sehr verantwortungsvollen – Feuerbauer die Sicherheit vor Ort alleine gewährleisten könnten. Bei 25.000 Menschen kann man nicht einfach „Feuer frei!“ rufen.

Und was ist eigentlich mit denen, die mit dem Ganzen ohnehin nichts am Hut haben wollen? Die werden trotzdem von allen Seiten eingeräuchert und müssen Fenster und Türen verschlossen halten, weil eine gigantische Rauchwolke die Stadt einhüllt. Ja, klimatechnisch gibt es sicher schlimmere Sünden, aber warum muss das Freizeitvergnügen der einen heutzutage so oft auf Kosten der anderen gehen?

Nicht alle Regeln sind allein dazu da, um den Menschen auch noch das letzte Fünkchen Freiheit und Spaß zu nehmen. Wer wirklich eine Tradition erhalten möchte, sollte sich freuen, wenn die Blankeneser Osterfeuer wieder deutlich kleiner werden.