Hamburg. Mit dem 1:5 gegen Sandhausen leistet sich der Hamburger SV ein erschütterndes Saisonfinale. Es wird dramatische Folgen haben.
Wer den HSV etwas genauer kennt und vor allem in den Spieltagen seit dem Neustart nach der Corona-Pause verfolgt hat, der musste vor dem letzten Spieltag auf alles gefasst sein, zumal Sandhausen in dieser Saison die „Großen“ in der Zweiten Liga mehrfach ärgern konnte, wie auch die beiden Remis des SV gegen Meister Arminia Bielefeld beweisen. Aber ganz ehrlich: Wie die Mannschaft in dieser Drucksituation total versagte und förmlich auseinanderbrach, ließ einen fassungslos zurück.
Der Versuch, an dieser Stelle die vielen Fehler und Unzulänglichkeiten aufzulisten, würde unweigerlich in eine womöglich strafbare Beleidigungsorgie münden. Deshalb nur möglichst nüchtern analysiert: Der HSV präsentierte sich am 34. Spieltag als reiner Hamburger Schrottverein. Alles kaputt, nichts funktionierte mehr. Früher hätten die HSV-Fans in Anlehnung an den Kultmasseur Hermann Rieger gesungen: „Außer Hermann könnt ihr alle gehen...“
HSV muss froh sein, dass ihm Relegation erspart bleibt
Auch ein Schuss Sarkasmus sei erlaubt: Im Grunde dürfen die HSV-Anhänger froh sein, dass ihnen die beiden Relegationsspiele gegen Werder Bremen und zwei herbe Klatschen erspart bleiben. Den HSV in dieser Verfassung trennt nicht nur eine Welt von der Fußball-Bundesliga, ihn trennen Galaxien.
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Verspielt hat der Club die Rückkehr in die Beletage des deutschen Fußballs nicht erst in den 90 desolaten Minuten am Sonntag. Vor allem nach der Last-Minute-Niederlage in Stuttgart (nach 2:0-Führung) setzte sich eine Negativspirale in Gang, aus der sich die Hamburger nicht mehr befreien konnten – mit dem großen Albtraum-Finale gegen Sandhausen.
Etliche Entscheidungen von Dieter Hecking gingen nicht auf
Wer geglaubt hatte, dass der erfahrene Dieter Hecking gerade in einer schwierigen Phase wie dieser für Stabilität sorgen kann – und dazu gehörte der Autor dieser Zeilen – sah sich getäuscht. Im Gegenteil: Etliche seiner Entscheidungen gingen nicht auf, wie gegen Sandhausen das Risiko mit Ewerton und die Umstellung in der Abwehr auf eine Dreierkette, war für zusätzliche Verunsicherung bei den Spielern sorgte.
Dieses 1:5 ist aber nicht nur einer der Tiefpunkte in Heckings Trainerkarriere. Diese am Ende sogar demütigende Niederlage könnte den HSV in den kommenden Wochen und Monaten sehr teuer zu stehen kommen. Die Modefans, die sich nur im Erfolg blicken lassen, hat der Verein längst verloren. Doch wer solche Anti-Leistungen abliefert, droht selbst die treuesten der Treuen zu verlieren, und das betrifft auch diejenigen Anhänger, die nach dem Abstieg 2018 ihre Business- oder Logenplätze behielten und sich dachten: Die Zweite Liga wird nur eine dunkle Zwischenstation bleiben.
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Die Schuldigen sind – alle!
Inzwischen dürfte der letzte Optimist verstanden haben, dass dem einstigen Bundesliga-Dino ein Dauer-Abo in der Zweiten Liga droht. Glaubt man den Verantwortlichen, so ist dort eine dritte Saison zwar finanzierbar, aber die Möglichkeiten sinken mit jedem Jahr. Wieder Zuversicht an der Basis auf bessere Zeiten zu schüren, wird eine Herkules-Aufgabe. Zu oft hat der HSV seine Fans enttäuscht. Sandhausen war die Krönung.
Doch genau darum geht es. Wenn die Verantwortlichen den Hohn und Spott, der auf sie herunterprasseln wird, ertragen haben und die Suche nach den Schuldigen für den jüngsten Niedergang beendet ist (kleiner Spoiler: Es sind alle!), müssen Aufsichtsratschef Marcell Jansen und Sportchef Jonas Boldt zügig die Gespräche mit Hecking führen, ob es trotz der historischen Blamage noch Sinn ergibt, sich gemeinsam auf die Suche nach Spielern zu machen, die bezahlbar sind und vor allem auch nicht bei dem ersten Windstoß umfallen, die Siegeswillen vorleben. Und die gemeinsam eine Mannschaft bilden, die den Namen auch verdient hat.
HSV-Gruseln: Es kann nur besser werden
Obwohl der letzte Personalumbruch erst vor einem Jahr vollzogen wurde, so steht fest, dass diese Mannschaft, auch wenn sie natürlich deutlich besser spielen kann als gegen Sandhausen, in ihrer Zusammensetzung keine Zukunft haben darf. Und das betrifft auch Spieler mit einem laufenden Vertrag.
Und so gibt es am Ende eines gruseligen Wochenendes dann doch noch etwas, was Hoffnung macht: Es kann nur besser werden.