Die CDU-Bürgermeisterkandidatin muss schon vor Nominierung aufgeben – und der neue Bewerber jetzt mit einem Makel leben.

Es gibt im Leben Momente, da geht es plötzlich um so elementare Dinge, dass Karriere oder Politik in den Hintergrund rücken. Das ist auch im Fall von Aygül Özkan so, die wegen einer schweren Erkrankung jetzt das Angebot einer Bürgermeisterkandidatur für die CDU ablehnen musste. Jeder wird dafür Verständnis haben – und der 47 Jahre alten Hamburgerin mit türkischen Wurzeln gute Besserung wünschen.

In der CDU wird durch den Rückzug ihrer Hoffnungsträgerin die Debatte über Strategie und Personal für die Bürgerschaftswahl 2020 neu beginnen. Dabei stellt sich auch die Frage, ob es richtig war, Özkans Namen im August überhaupt öffentlich zu machen – obwohl ihre Erkrankung bereits bekannt war. Der leise Verdacht, man habe mit der Präsentation einer muslimischen Frau als Kandidatin unbedingt eine liberale Duftmarke setzen wollen und diese daher trotz ihrer Krankheit so früh ins Rampenlicht geschoben, steht noch immer im Raum.

Makel der zweiten Wahl

Dass sich die Hoffnung auf baldige Genesung Özkans nun nicht erfüllt hat, zeigt eine zweite Schwäche des Vorgehens von Parteichef Roland Heintze und Fraktionschef André Trepoll: Von jetzt an trägt jede CDU-Spitzenkandidatin oder jeder Spitzenkandidat für 2020 den Makel der zweiten Wahl. Das wird die nun notwendige neue Suche nicht unbedingt erleichtern.

Auch mit Blick auf den demokratischen Wettbewerb ist es ausgesprochen traurig, dass Özkan nicht antreten kann. Sie hätte nicht nur neuen Schwung in die oft als altbacken und männerdominiert wahrgenommene Hamburger CDU gebracht. Sie hätte auch den ausstrahlungsarmen SPD-Amtsinhaber Peter Tschentscher vor Probleme gestellt – und damit für einen spannenden Wahlkampf gesorgt.

In Panik muss in der CDU nun gleichwohl niemand verfallen. Die Bürgerschaftswahl ist nicht übermorgen, sondern erst in 16 Monaten. Es bleibt also Zeit, würdigen Ersatz zu suchen.