Die Bürger haben jetzt das Recht zu erfahren, ob er weitermacht.
Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust ist ein Unikum. Kaum ein anderer deutscher Politiker interpretiert seine Amtsführung mit so viel Leichtigkeit, Charme und einem Sinn für Freizeit. Zusammen mit seiner so hanseatisch-noblen Art, Sachkenntnis und einem guten Gefühl für das richtige Wort im richtigen Moment hat er sich in neun Regierungsjahren das Vertrauen der meisten Hamburger gesichert, ein schwer zu erringendes Gut. Nun setzt er das fahrlässig aufs Spiel.
Mit seinem monatelangen Schweigen zu der entscheidenden Frage, ob er auch für die nächste Legislaturperiode als Bürgermeister antrete, hat er ohne Not Nachfolgespekulationen ausgelöst, ausgerechnet in einer Zeit, in der mit Olaf Scholz erstmals ein ernst zu nehmender Gegner die politische Bühne in Hamburg wieder betreten hat. Öffentlich wird diskutiert, dass Beust womöglich schon nach dem Volksentscheid über die Schulreform am Sonntag nächster Woche unabhängig vom Ergebnis zurücktrete. Er selbst wischt das in der Sache erstaunlich inhaltsleer als "Getratsche und Gequatsche" vom Tisch. Mehr noch: In einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" antwortet er auf die Frage, ob es in diesem Jahr keinen Bürgermeister-Wechsel gebe: "Ich will mich jetzt nicht festlegen, wann ich über meine Zukunft entscheide." Nun ist der Zeitpunkt gekommen, zu entgegnen: Darauf haben die Bürger aber einen Anspruch!
Die Hamburger haben das Recht zu erfahren, was den seit Längerem amtsmüde wirkenden Bürgermeister umtreibt. Sie haben Beust 2008 für vier weitere Jahre gewählt. Das ist in einer Demokratie eine wertvolle Währung - will er sie nach der Hälfte des Weges wegwerfen? Will der Mann, der wie kein Zweiter für die mit dem Bau der Elbphilharmonie verbundene Vision Hamburgs steht, davonlaufen, bevor das Projekt Wirklichkeit wird? Verlässt den Kämpfer für die Schulreform, die alle gewählten Volksvertreter der Stadt wollen, aber sehr viele Bürger ablehnen, kurz nach der Entscheidung der Gestaltungswille?
Fast scheint es so, denn nicht einmal, als Nachrichtenagenturen gestern die Kunde der "Ole-Dämmerung" in ganz Deutschland verbreiteten, steuerte er gegen. Er ließ geschehen, schon in eine Reihe mit den zurückgetretenen Koch und Rüttgers gestellt zu werden. Ein Politiker voller Tatkraft handelt anders.
Beust muss auch deshalb Klarheit schaffen, um den Anschein zu vermeiden, er wolle durch das Schüren von Spekulationen über einen Rückzug das Blatt vor dem Volksentscheid noch wenden. Ein solches Taktieren wäre eines Bürgermeisters "aller Hamburger" (Beust über Beust) unwürdig.