Hamburg. Am Sonntag läuft in 16 Hamburger Kinos noch einmal Fatih Akins „Kurz und schmerzlos“ – der Durchbruch für den Hamburger Schauspieler.
Einmal im Jahr geht es rund in Hamburgs Kinos. Wenn die Aktion „Eine Stadt sieht einen Film“ läuft, ziehen Filmemacher von Kino zu Kino und präsentieren einen lieb gewonnenen Klassiker. Am kommenden Sonntag ist das Fatih Akins erster langer Film „Kurz und schmerzlos“ aus dem Jahr 1998, der dann noch einmal auf 16 Leinwänden zu sehen sein wird. Viele der Beteiligten von damals kommen in die Kinos. Für viele von ihnen war das Gangster-Drama das Sprungbrett für ihre Karriere. Zum Beispiel für Mehmet Kurtulus.
Der Film erzählt, was die Kumpel Gabriel (Mehmet Kurtulus), Bobby (Aleksandar Jovanovic) und Costa (Adam Bousdoukos) diesseits und jenseits der Legalität auf dem Hamburger Kiez erleben. Es geht um Männerfreundschaft, Frauen und windige Geschäfte.
Corona hat viele Pläne über den Haufen geworfen
Eigentlich sollte der Film schon im April in den Kinos gezeigt werden. Eigentlich wollte sich Kurtulus Akins Film auch noch einmal im Blankeneser ansehen. Aber Corona hat viele Pläne über den Haufen geworfen, auch die des 48 Jahre alten Schauspielers, der in Hamburg lebt. Er musste Dreharbeiten in Italien und mit Regisseur George Miller absagen, bei dem er an der Seite von Tilda Swinton und Idris Elba gespielt hätte. Stattdessen dreht er gerade in Brüssel eine zweite Staffel der SciFi-Thrillerserie „Into The Night“ für Netflix. Kurtulus ist gerade international ziemlich gefragt. Er wird demnächst aber auch in einem deutschen Kinofilm zu sehen sein, von dem er nur verrät: „Es werden Cowboys und Indianer durchs Bild reiten ...“
An „Kurz und schmerzlos“ denkt Kurtulus gern zurück. „Der Film hat immer noch eine große Kraft. Ich werde heute noch darauf angesprochen. Wenn du die Herzen der Zuschauer berührst, vergessen sie dich nicht.“ Begonnen hatte alles bei einem Casting für einen Film von Rolf Schübel. Fast alle Schauspieler des Akin-Films trafen dort aufeinander. „Da begann unsere Freundschaft“, erinnert sich Kurtulus. „Wir waren alle Einzelkämpfer, die vorher nichts voneinander wussten, hatten aber eine gemeinsame Geschichte.“
Lange Nächte und lange Proben
Zum Beispiel, dass ihre Eltern mit ihnen im Sommer mit dem Auto in Richtung Südosteuropa in Urlaub fuhren. „Wir waren drei, vier Tage in Europa unterwegs. Das hat uns auch zusammengeschweißt. Es hat sofort geklickt, weil wir alle neugierig aufeinander waren und unsere Erlebnisse teilen konnten“ Eigentlich, findet Kurtulus, hätte der Film auch „Lang und schmerzvoll“ heißen können. „In einer Kampfszene habe ich mir damals einige Rippen angebrochen. Die Nächte und die Proben: Alles war lang. Der Kameramann und die Produzenten war die Einzigen, die schon Filmerfahrung hatten. Für die meisten war es der allererste lange Film.“ Aber am Ende hat es sich gelohnt. „Unser Plakat hing neben dem von Mel Gibsons neuem Film ,Payback‘. Das war damals sehr aufregend.“
Dass Kurtulus überhaupt Schauspieler geworden ist, hat viel mit Evelyn Ha-mann zu tun. „Ich habe sie bei einem TV-Film kennengelernt, in dem ich eine kleine Rolle bekam. 1994 rief mich Jürgen Wölffer an und sagte mir, dass er an der Komödie Winterhuder Fährhaus ein Stück inszenieren wollte. Hamann spielte die Hauptrolle, und er bot mir eine Rolle an. Das war für mich eine große Überraschung, weil ich weder auf einer Schauspielschule war noch in der Branche Kontakte hatte. Dann habe ich gehört, dass Frau Hamann eine Empfehlung ausgesprochen hatte.“
Kurtulus wollte nicht auf eine Schauspielschule
Auf eine Schauspielschule wollte Kurtulus nicht, weil Freunde ihm „komische Geschichten“ darüber erzählt hatten. Stattdessen ließ er sich in Hamburg von Annemarie Marks-Rocke ausbilden, die auch Hamann, Dagmar Berghoff und Walter Giller unterrichtete. „Im Flur hingen Fotos ihrer Schüler. Es war wie in einer Galerie. Sie war eine kleine, zierliche Dame in einer riesigen Altbauwohnung“, erinnert sich Kurtulus, der mit ihr ein besonderes Erlebnis verbindet. „Ich habe meine 98-jährige Schauspiellehrerin in Eppendorf abgeholt, zwei Jahre nachdem ich mein ‚Studium‘ bei ihr abgeschlossen hatte. Wir sind zusammen auf den Kiez gefahren. Dort lief im Raucherkino im Aladin ,Kurz und schmerzlos‘. Sie lächelte danach und sagte: ,Jetzt kannst du los, Junge.‘“
Mit dabei im Film ist in einer kleinen Rolle auch der vor Kurzem gestorbene Birol Ünel, der wegen seines Alkoholkonsums als Unsicherheitsfaktor galt. „Die Produzenten von Wüste Film haben gesagt: ,Wenn ihr mit Birol unbedingt drehen wollt, wollen wir euch da in der Verantwortung sehen.‘ Deshalb bin ich mit Fatih als Produzenten eingestiegen. Wir waren jung und unerfahren.“
Hamburg: "Eine Stadt sieht einen Film"
Viele Zuschauer erinnern sich an Kurtulus noch als Hamburger „Tatort“-Kommissar Cenk Batu: „Das waren sechs tolle handgemachte Filme, aber ich wollte mich damals noch anderen neuen Abenteuern stellen.“ Er spielte unter anderem mit Samuel L. Jackson und unter Terrence Malick. Wenn er über seinen Beruf nachdenkt, fällt ihm der Kollege Christoph Waltz ein. „Er ist ein Schauspieler, der mich sehr beeindruckt. Im Interview hat er gesagt: ,Was wir hier machen, ist am Ende des Tages nur Arbeit.‘ Das hat mir sehr gefallen. Die tollen Kostüme, die dicken roten Teppiche, das ist alles Teil der Traumfabrik, aber es zeigt nicht die Welt dahinter. Ich sehe unseren Beruf auch ein wenig pragmatischer – so wie Christoph Waltz. Am Ende ist es ‚Arbeit‘ mit ein wenig Magie.“
„Eine Stadt sieht einen Film“ heißt die Aktion, in deren Rahmen „Kurz und schmerzlos“ am Sonntag in digital restaurierter Form in folgenden 16 Kinos zu sehen ist: Lichtmess, Koralle, Alabama, Metropolis, Magazin, Passage, 3001, B-Movie, Elbe, FilmRaum, Savoy, Blankeneser, Studio, Abaton, Schanzenkino 73, Zeise. Zahlreiche Mitglieder des Filmteams besuchen die Kinos, darunter Fatih Akin, Adam Bousdoukos, Aleksandar Jovanovic, Regula Grauwiller, Ralph Herforth und Cutter Andrew Bird.
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Es gibt außerdem viele Sonderveranstaltungen wie eine Location Tour und eine Fotoausstellung. Der Film kommt am 8. Oktober als Wiederaufführung in die Kinos und läuft Freitag beim Filmfest. Infos und Kinos: www.eine-stadt-sieht-einen-film.de