Hamburg. Der NDR zeigt am Tag der deutschen Einheit die Anfänge der legendären Filmstudios in Tonndorf vor 75 Jahren.

Zum Tag der Deutschen Einheit rückt der Hamburger Stadtteil Tonndorf in den Blickpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Das NDR Fernsehen zeigt am Montag drei Filme aus der beliebten TV-Reihe „Unsere Geschichte“. Während zwei Dokumentationen von der Karriere des Rostocker Pastors und späteren Bundespräsidenten Joachim Gauck und von der früheren Transitstrecke zwischen BRD und DDR handeln, dreht sich im dritten Beitrag an diesem Feiertag alles um das „Hollywood des Nordens“: Tonndorf.

Ausgerechnet der unscheinbare Osten der Stadt avancierte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zum Drehort für Stars und Sternchen. Heinz Rühmann, Romy Schneider, Peter Alexander, Zarah Leander, Marika Rökk und Curd Jürgens reisten allesamt nach Tonndorf. Die Schauspieler ließen sich in Autos zu den Filmstudios chauffieren, während die zahlreichen Statisten mit der Bahn kamen.

NDR: Wie Hollywood in den Norden kam

Ausgerechnet die nach den Kriegsjahren funktionsfähige Bahnstrecke vom Hamburger Hauptbahnhof über Hasselbrook nach Tonndorf war denn auch der Grund dafür, dass in der Hansestadt eine international konkurrenzfähige Filmindustrie entstehen konnte. Schließlich bildete diese Bahntrasse die Voraussetzung für eine verlässliche Anreise der Filmcrew. Mag sein, dass die Bahn damals wirklich pünktlich war.

Die NDR-Dokumentation „Wie Hollywood in den Norden kam“ beleuchtet, wie das heutige Studio Hamburg vor 75 Jahren mit der Real-Film GmbH seinen Anfang nahm. Dazu lassen die beiden Autoren Andreas Vennewald und Jeannine Apsel Filmwissenschaftler, Historiker und Kritiker zu Wort kommen. Dass Tonndorf derart berühmt wurde, ist zwei jüdischen Unternehmern zu verdanken. Gyula Trebitsch und Walter Koppel hatten einen ambitionierten Plan, nach der Nazizeit kein „verlogenes Illusionskino“ zu produzieren, sondern realitätsnahe Geschichten zu erzählen. Real-Film GmbH hieß die neue Firma und wurde am 10. Januar 1947 gegründet. Als eine der ersten Produktionsfirmen erhielt sie in der britischen Besatzungszone eine Lizenz.

Gyula Trebitsch, in Budapest geboren, wurde am 2. Mai 1945 aus einem Außenlager des KZ Neuengamme befreit. Walter Koppel, von den Nazis wegen Rassenschande zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, überlebte in einem jüdischen Krankenhaus. Die beiden legten den Grundstein für eine der größten deutschen Filmproduktionen der Nachkriegszeit, holten Filmstars in den Norden und bauten ein Studiosystem nach dem Vorbild Hollywoods auf. Mehr als 100 Filme entstanden auf dem Tonndorfer Gelände an der Jenfelder Allee. Der größte Erfolg: „Der Hauptmann von Köpenick“, der in den ersten fünf Wochen zehn Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer in die Kinos lockte und eine Oscar-Nominierung in Hollywood erhielt. Mit dem Siegeszug des Fernsehens trennten sich allerdings die Wege der beiden Erfolgsproduzenten.

Anders als Walter Koppel erkannte Gyula Trebitsch die Bedeutung des damals neuen Mediums. Und so entstanden in seiner neuen Produktionsfirma auf dem Tonndorfer Gelände TV-Straßenfeger wie der Dreiteiler „Die Gentlemen bitten zur Kasse“, zahlreiche „Tatort“-Folgen, Innenaufnahmen für die „Schwarzwaldklinik“, „Diese Drombuschs“ und das „Großstadtrevier“ mit Jan Fedder, der zunächst lediglich eine Nebenrolle hatte. Die Tonndorfer Villa, in der alles begann, dient heute als Tonstudio. Die 30 Minuten lange Doku kann bei bei älteren Zuschauern wehmütige Erinnerungen an die gute, alte Fernsehzeit wecken. Vor allem aber belegt sie, welch große Bedeutung Hamburg als Film- und Fernsehstadt hat. Dank Tonndorf!

„Unsere Geschichte: Wie Hollywood in den Norden kam“ Montag 15.15 Uhr, NDR