Hamburg. Zum Auftakt des Projekts kamen 250 Gäste ins Körberforum – die Redakteure arbeiten eng mit dem Hamburger Abendblatt zusammen.

Wer erfahren möchte, welch wunderbare Nebenwirkungen Sport haben kann, der muss nur Shabnam Ruhin zuhören. Die 27-Jährige, Tochter afghanischer Eltern, ist in Hamburg geboren. Als Kind, erzählte sie, sei sie sehr schüchtern gewesen und habe auch Sprachschwierigkeiten gehabt – zu Hause wurde kein Deutsch gesprochen. Doch dann kam der Fußball. „Da fragt niemand, wo du herkommst oder was deine Eltern machen – du spielst einfach.“ Ihr Selbstbewusstsein wurde größer, sie fand neue Freunde und entwickelte auch Ehrgeiz außerhalb des Sports. „Viele meiner Mitspielerinnen gingen aufs Gymnasium – da wollte ich auch Abitur machen, obwohl ich früher eher schlecht in der Schule war.“ Sie hat es geschafft – zum Abi, auf die Universität und ins afghanische Frauen-Fußball-Nationalteam.

Shabnam Ruhin war einer der Talkgäste bei der Auftaktveranstaltung zu „Amal, Hamburg!“ im Körberforum. Mit Ewald Lienen, früher Profi und Trainer, heute Technischer Direktor beim FC St. Pauli, und Mohammad Marfavi (früher iranischer Beachsoccer-Nationaltrainer, heute Trainer beim HSV und dem Eimsbütteler TV) diskutierte sie über den Sport als Mittel der Integration.

Die Pläne sind groß

„Amal, Hamburg!“, das ist ein digitales Nachrichtenprojekt für Menschen, die nach Hamburg zugewandert sind und deren Sprachkenntnisse noch nicht reichen, um Nachrichten auf Deutsch lesen zu können. Bei „Amal“ sollen sie die Möglichkeit bekommen, sich auf Arabisch und Persisch über die Geschehnisse in der neuen Umgebung zu informieren. Das Projekt wurde von der Evangelischen Journalistenschule gegründet und wird unter anderem von der Körber-Stiftung finanziert. Die Pläne sind groß: Mit einem täglichen, breiten Nachrichtenangebot will das kleine Team – integriert in die Redaktion des Hamburger Abendblatts – diejenigen Menschen erreichen, die bislang (noch) kein Deutsch sprechen. Neben Redaktionsleiter Omid Rezaee­ (29) aus dem Iran sind die 27 Jahre alte Nilab Langar aus Afghanistan und der ebenfalls 27-jährige Ahmad Alrifaee aus Syrien im Team. Alle drei sind ausgebildete Journalisten.

Nach monatelangen Vorbereitungen ist „Amal“ jetzt gestartet (www.amalhamburg.de) – und zum Auftakt kamen rund 250 Gäste ins Körberforum. Auch Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, kam, um seine Unterstützung des Projekts zu bekunden. „Wer nach Deutschland geflüchtet ist, hat seine Heimat, Familie und Freunde verloren – aber eben auch die gesellschaftliche Teilhabe durch Sprache“, sagte Brosda. Genau hier setze „Amal“ an, um über das zu berichten, was in Hamburg wichtig ist. Und es den Neu-Hamburgern so ermöglichen, sich zu informieren und am gesellschaftlichen Diskurs teilzunehmen.

Unterstützung von der evangelischen Kirche

Das Smartphone, führte Brosda aus, führe bei vielen Migranten zu einer „zweiten Flucht“: der von der realen in die virtuelle Welt. Deshalb sei „Amal“ als „Tageszeitung fürs Handy“ genau der richtige Weg. „Und da es die Berichte ja auch auf Deutsch gibt, ist Amal auch für Einheimische interessant.“ Dass das Projekt eine publizistische Lücke schließen werde, davon zeigte sich auch Thomas Paulsen überzeugt. „Es leben rund 50.000 persisch oder arabisch sprechende Menschen in Hamburg“, sagte der Vorstand der Körber-Stiftung.

Zu den Unterstützern gehört auch die evangelische Kirche. Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs ist sicher, dass es ein Erfolg wird. „Amal“ werde helfen, dass die Menschen miteinander ins Gespräch kommen. „Sie bekommen ganz praktische Hinweise zum Alltag, aber können auch an den gesellschaftlichen Debatten in Deutschland teilhaben.“ Sprache sei ja viel mehr als Vokabeln zu lernen. „Echte Verständigung wird möglich, wenn die Migranten auch inhaltlich mitreden können“, sagte sie. Aber es sei keine Einbahnstraße. „Denn Menschen aus anderen Ländern spiegeln auch unsere Kultur.“

Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider betonte, dass die „Amal“-Kollegen alle Ressourcen der Redaktion nutzen könnten. Und er glaubt, dass auch das Abendblatt von den neuen Kollegen profitieren werde. „Zu bestimmten Gruppen haben wir kaum einen Zugriff – da werden die ,Amal‘-Redakteure eine große Hilfe für uns sein.“