Hamburg. Miriam Opresnik gewinnt als erste Redakteurin in einem Jahr fast alle wichtigen Preise, die im Wirtschaftsjournalismus vergeben werden.

Als Miriam Opresnik vor drei Jahren von der Hamburg- in die Wirtschaftsredaktion des Abendblatts wechselte, hatte sie Zweifel: „Ich kenne mich in wirtschaftlichen Themen doch gar nicht so gut aus“, sagte sie damals. Tatsächlich ist dieser vermeintliche Nach- wohl eher ein Vorteil gewesen. Auf jeden Fall berichtet die Chefreporterin des Hamburger Abendblatts so „dramaturgisch spannend, sprachlich intensiv und einfühlsam“ über Wirtschaft, dass ihr eine besondere Ehre zuteil geworden ist: Als erste Redakteurin überhaupt hat sie innerhalb eines Jahres nahezu alle wichtigen Preise gewonnen, die in Deutschland an Wirtschaftsjournalisten vergeben werden.

Der (vorerst) letzte kam am späten Dienstagabend in Frankfurt dazu: Beim mit insgesamt 50.000 Euro dotierten Hans Strothoff-Journalistenpreis landete Miriam Opresnik auf dem zweiten Platz. Aus der Begründung der Jury stammt auch das oben genannte Zitat. Weiter heißt es über die Serie, in der die Abendblatt-Journalistin zehn Monate lang die Hamburgerin Jennifer Hinze bei dem Versuch begleitete, sich mit einem Café selbstständig zu machen: „Die Serie bietet nicht nur eine Wirtschaftsstory mit einem mitreißenden dramaturgischen Spannungsbogen, sie ist auch ein gelungenes Beispiel für einen relevanten wirtschaftlichen Aufklärungsjournalismus.“

Miriam Opresnik (links) mit dem Hans
Strothoff-Journalistenpreis
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Miriam Opresnik (links) mit dem Hans Strothoff-Journalistenpreis ... © MHK

Die Geschichte der Frau, die ihren Job bei der Hamburger Sparkasse kündigte, um ein veganes Feinkostgeschäft aufzumachen, und die am Ende damit scheiterte, war auch für viele andere Jurys ein Glücksfall des Journalismus. Sie war allerdings nicht das Einzige, wofür Miriam Opresnik ausgezeichnet wurde. Schon ihre Serie „Helden des Handels“, eine Porträtreihe über unterschiedliche Hamburger Geschäfte, erhielt den renommierten von den deutschen Indus­trie- und Handelskammern vergebenen Ernst-Schneider-Preis.

Was dann folgte, war eine einmalige Folge von Auszeichnungen. Vom Herbert-Quandt-Medienpreis über den Helmut Schmidt Preis und den ­Friedrich-Vogel-Preis bis eben zum Hans Strothoff-Preis – zuletzt gab es die Auszeichnungen im Zweiwochentakt, die Nominierung für den Medienpreis Mittelstand nicht mal eingerechnet.

„Sie bleibt dran und erzählt die ganze Geschichte"

Dabei, und das ist mindestens so erstaunlich wie die Fülle der Preise, war die von Opresnik und Abendblatt-Wirtschaftschef Oliver Schade kreierte Idee eher eine simple. Eine Existenzgründerin zu begleiten und über ihre Erfahrungen zu schreiben, das machen viele Zeitungen. Aber offensichtlich nicht so wie die Abendblatt-Reporterin: „Sie bleibt dran und erzählt die ganze Geschichte, empathisch, unaufgeregt, fesselnd. Ein Mensch, der von A nach B geht und dabei frei wird – der Freiheit sucht, sie bekommt, aber mit ihr auch alle Sorgen, Herausforderungen“, heißt es in der Laudatio des Herbert-Quandt-Medienpreises. Und weiter: „Das Besondere liegt hier im Alltäglichen – ja, das ist Unternehmertum, unverfälscht und sehr nah berichtet.“

... und bei der Verleihung des Helmut
Schmidt Journalistenpreises
... und bei der Verleihung des Helmut Schmidt Journalistenpreises © HA | Michael Rauhe

Deshalb gebühre der 42 Jahre alten Journalistin auch der Helmut Schmidt Journalistenpreis: „Ihr, und auch der Redaktion, die solche aufwendigen Arbeiten ermöglicht“, so die Jury. Das sieht die Autorin selbst so: „Eine derart angelegte und auserzählte Serie ist für Tageszeitungen eher ungewöhnlich, da es für solche Projekte meistens keine personellen Ressourcen gibt“, sagte sie in einem Interview mit dem „Medium Magazin“. Das nächste Projekt läuft übrigens längst: Im zu Ende gehenden Jahr hat Miriam Opresnik, die vor ihrer Zeit in der Wirtschaftsredaktion für ihre Sozialreportagen unter anderem mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet wurde, versucht, so umweltschonend und ökologisch bewusst wie möglich zu leben.