Berlin/Hamburg. Schwere Anschuldigungen gegen den Weltfußballverband in der Talkshow von Günther Jauch. Insider macht Andeutungen über Sepp Blatter.
Sepp Blatter ist der Korruption überführt, die Fifa längst als kriminelle Vereinigung verurteilt, doch all das nur im Blick der Öffentlichkeit. In Wahrheit sind sieben hochrangige Fifa-Leute verhaftet worden, steht Blatter zwar im Visier der US-Ermittler, ist aber gerade als Präsident des Weltfußballverbandes wiedergewählt worden. Niemand konnte ihm zu keiner Zeit etwas nachweisen, das Folgen für ihn gehabt hätte. Im Gegenteil: Kritiker und Blatter-Spusis zerfetzen sich über die Vorgehensweise des FBI und verschanzen sich hinter Klischees und Vorverurteilungen oder hinter dem Hinweis auf die Unschuldsvermutung.
Ein bisschen Proseminar Strafrecht gab es auch in der Talkshow von Günther Jauch am Sonntagabend. Nur Fußball wurde nicht gezeigt. Dennoch war es eine Sendung, in der die Argumente mit Verve vorgetragen wurden. Fußball ist schließlich Emotion pur.
Fast schon beifällig argumentierte Guido Tognoni mit Insiderwissen, seit Jahren Fifa-Kritiker, früher mal hochrangiger Fifa-Mitarbeiter: "Man tut so, als ob das eine Neuigkeit wäre. Das hat ein Journalist vor über zwei Jahren in einem Buch veröffentlicht. Fifa Mafia, heißt es." Tognoni deutete an, dass die Amerikaner "nachladen" würden, heißt: Es würden weitere Verhaftungen folgen. Blatter selbst, so der unausgesprochene Satz, könnte verhaftet werden. Florian Bauer, Fifa-Experte der ARD, sagte, Sepp Blatter sei ein hochintelligenter Mensch, arbeite wie verrückt, die Macht sei alles für ihn: "Geld spielt für ihn nicht die entscheidende Rolle." Blatter habe sich persönlich nicht bereichert, aber er habe von Korruption gewusst.
Die Amerikaner und das FBI folgen dem alten Prinzip: follow the money. Die Ermittler müssen sich auf die Spur des schmutzigen Geldes begeben. Wer weiß, wie und wo das Geld geflossen ist, ist der Herr des Verfahrens. Wie bei Watergate oder schon bei Al Capone, der erst mit Steuervergehen überführt wurde, kann man die Fifa nur packen, wenn man ihre Geldflüsse verstanden hat. So soll eine Zahlung von zehn Millionen Dollar für die WM-Bewerbung Südafrikas an einen willfährigen Funktionär doch über die Fifa gelaufen sein, heißt es. TV-Kommentator Marcel Reif sagte: "Wenn Blatter nicht weiß, was seine Vizepräsidenten tun, dann brauchen wir die Fifa nicht."
Blatter soll gegen die WM-Vergabe an Katar gestimmt haben
Übt Blatter nun Rache? Nein, sagt der Fifa-Mann Alexander Koch. Da sollen Menschen in ihren Funktionen Schmiergelder genommen haben, aber das lief ja nicht über die Konten der Fifa. Damit also habe Blatter nichts zu tun.
Die Fifa selbst habe die Akten an die Staatsanwaltschaft gegeben. Der Fifa-Sprecher, schicke Sneakers zum Anzug, argumentierte sehr smart, denn er geißelte die mutmaßlich korrupten Verbandspräsidenten aus exotischen Staaten, für die ja die Fifa nichts könne.
Koch kündigte an, dass die Bewerbungsverfahren sich ändern würden, am 11. Juni werde man die Reformen vorstellen, mit denen man Korruptionen im Zusammenhang mit der WM-Vergabe unterbinden wolle. Und im Übrigen: Blatter habe gegen Katar 2022 gestimmt.
Claudia Roth, früher Tourmanagerin von Ton, Steine, Scherben, jetzt Fußballfachfrau der Grünen, füllte ihre Empörungsfunktion aus: "Die Fifa ist doch kein gemeinnütziger Verein, die ist gemeingefährlich." Scharf bot sie dem Fifa-Mann Koch Paroli, der sagte, die WM-Vergabe an Katar habe auch mit dem arabischen Frühling zu tun. Lächerlich, so Roth.
ARD-Mann Bauer regte sich darüber auf, dass Blatter einfach weitermachen kann, weil die Verbände und auch die Öffentlichkeit ihm alles durchgehen lasse. Blatter sage einfach: Dazu sage er nichts. Und der ARD-Experte lässt im eigenen Sender einen Halbsatz fallen, der aufmerken lässt: "Ich finde das alles hier zu oberflächlich." Da tat Moderator Jauch so, als habe er das nicht gehört...
Der Vorhang zu, alle Fragen offen? Nein, am Montagabend talkt Frank Plasberg in der ARD auch über die Fifa - wenn der HSV und der KSC sich in der Relegation binnen 90 Minuten auf eine Entscheidung "einigen", sollte die Sendung nicht viel später als 21 oder 21.15 Uhr beginnen. Dann mit einem passionierten HSV-Fan, Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). (ryb)