Karlsruhe/Hamburg. Niederlage für die ARD vor dem Bundesgerichtshof. Tagesschau-App darf keine Konkurrenz zur Presse sein. NDR-Intendant Marmor macht ein Angebot.

Schlappe für den Internet-Auftritt der Tagesschau: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat geurteilt, dass sich das Oberlandesgericht in Köln erneut mit der Klage der Zeitungsverleger gegen die Tagesschau-App befassen muss. Die Kritiker bemängelten, die App der traditionsreichsten deutschen Nachrichtensendung in der ARD sei zu presseähnlich. Das sieht das Erste natürlich anders. So äußerte sich der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor zum Urteil, er sei nach wie vor überzeugt, dass das im Jahr 2011 untersuchte tagesschau.de-Angebot rechtlich zulässig gewesen sei. "Insoweit sehen wir den Gründen der BGH-Entscheidung mit großem Interesse entgegen. Mit Blick auf die erneute Verhandlung in Köln sind wir zuversichtlich. Unabhängig davon haben wir unseren Online-Auftritt in den vergangenen dreieinhalb Jahren weiterentwickelt. Auch für Kooperationen mit Verlagen sind wir weiterhin offen."

Gerade der NDR und der WDR haben in Zusammenarbeit mit der "Süddeutschen Zeitung" einen Rechercheverband gegründet, der die Konkurrenz noch anheizen wird.

Nun muss sich das Oberlandesgericht Köln erneut mit der App befassen. Die tagesschau-Anwendung für Smartphones ist dann "in seiner Gesamtheit als presseähnlich", wenn "bei diesem Angebot der Text deutlich im Vordergrund steht“. Das Verbot nicht sendungsbezogener presseähnlicher Angebote im Rundfunkstaatsvertrag sei eine „Marktverhaltensregelung“ im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, entschieden die BGH-Richter. Es habe „zumindest auch den Zweck, die Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten auf dem Markt der Telemedienangebote zum Schutz von Presseverlagen zu begrenzen“. Ein Verstoß gegen dieses Verbot könne daher „wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Verlag begründen“.

Mehrere Verlage, darunter Axel Springer, die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH und die Funke Mediengruppe, in der auch das Hamburger Abendblatt erscheint, hatten vor dem Landgericht Köln gegen die Tagesschau-App geklagt. Sie warfen der ARD und dem für die Tagesschau zuständigen NDR vor, mit der kostenlosen App trete der öffentlich-rechtliche Senderverbund in einen unlauteren Wettbewerb mit den kostenpflichtig angebotenen Apps der privaten Presseverlage.

Das Landgericht hatte in erster Instanz die App vom 15. Juni 2011 für unzulässig erklärt. Sie sei „ein nicht-sendebezogenes presseähnliches Angebot“, weil sie geeignet sei, „als Ersatz für die Lektüre von Zeitungen oder Zeitschriften zu dienen“.

Das Oberlandesgericht Köln hatte die Klage der Verleger in zweiter Instanz abgewiesen. Die App sei als Teil des Telemedienkonzepts für tagesschau.de ohne Einschränkungen zulässig, urteilten die Richter. Das Angebot sei nach einem Drei-Stufen-Text des NDR-Rundfunkrats im August 2010 durch die niedersächsische Staatskanzlei freigegeben worden und widerspreche daher nicht dem Rundfunkstaatsvertrag. Dagegen legten die Verleger Revision ein.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) begrüßte die Entscheidung des BGH. Damit sei klar, „dass das bloße Vorhandensein eines Telemedienkonzepts keinen Freifahrtschein für jedwedes Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedeutet, sagte der Hauptgeschäftsführer des BDZV, Dietmar Wolff. So blieben die Entscheidungen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auf dem Gebiet der Telemedien durch Wettbewerbsgerichte überprüfbar.

Die Tagesschau-App für Smartphones und Tablet-Computer wurde im Dezember 2010 gestartet. Bis zum 20. April dieses Jahres wurde die App mehr als neun Millionen Mal heruntergeladen. (HA/epd)