In der Vorabendserie „Sibel & Max“ geht es um eine ungewollte Teenager-Schwangerschaft. Eine der Hauptrollen in der interkulturellen Familienreihe spielt mit Idil Üner eine Lieblingsschauspielerin Fatih Akins.

Hamburg. „Interkulturell“ nennt das ZDF die neue Familienserie, die der Sender am Sonnabend erfolgreich ins Rennen geschickt hat (3,43 Millionen Zuschauer/12,4 Prozent Marktanteil). Idil Üner spielt die alleinerziehende Internistin Sibel Aydin, deren Teenager-Sohn Yunus (Salah Massoud) demnächst ebenso ungewollt Vater werden wird, wie seine 16 Jahre alte Freundin Jana (Katherina Unger) Mutter. Janas Vater ist der verwitwete Internist Max Walther (Marc Oliver Schulze). Zwei Familien müssen sich angesichts der neuen Situation zusammenraufen. In einer weiteren Hauptrolle sieht man den ebenfalls ziemlich interkulturellen Stadtteil St. Georg, wo die neue Vorabendserie „Sibel & Max“ spielt. Zwölf Folgen werden ab dem heutigen Sonnabend auf dem 19.25-Uhr-Sendeplatz ausgestrahlt.

„Sibel hat schon ganz klar vor Augen, wo es langgeht. Ich habe da eine große Bandbreite zu spielen“, freut sich Idil Üner. Sie soll das selbstbewusste, temperamentvoll-chaotische Gegengewicht zum leicht überforderten und distanzierten Hanseaten Max bilden. „Wir präsentieren keine perfekten Götter in Weiß, sondern Leute, die auch mal mit ihrem Latein am Ende sind. Wir kommen in Bedrängnis und wollen gar nicht Großeltern werden. Dafür sind wir viel zu jung.“

Offenbar haben die Schauspieler an der Gestaltung der Serie mitgewirkt. „Wir hatten einen hohen Anspruch. Dramaturgische Unstimmigkeiten haben wir nicht einfach akzeptiert.“ Es ist zwar eine Vorabendserie, trotzdem geht es um gravierende Lebensfragen. Beide Hauptdarsteller müssen in ihren Rollen ihren Kindern intensiv beistehen, obwohl sie sie schon fast erwachsen wähnten, außerdem haben sie als Mediziner Verantwortung ihren Patienten gegenüber. Für viele ist Arzt immer noch ein Traumberuf. Üner nötigt er Respekt ab. „Es ist schon eine krasse Verantwortung, die man als Arzt hat. Die könnte ich nicht tragen.“

Wie schon so oft in ihrer Karriere spielt Idil Üner in dieser Serie eine Frau mit südländischem Migrationshintergrund. Den hat sie zwar auch selbst, geboren und aufgewachsen ist sie aber in Berlin, wo sie heute auch lebt. Im vergangenen Jahr konnte man sie als Hauptdarstellerin in der Multikulti-Komödie „Einmal Hans mit scharfer Soße“ im Kino sehen. Fernsehzuschauern ist sie aus „Mordkommission Istanbul“ bekannt, sie spielt darin die Ehefrau von Kommissar Özakin.

Dauergast in Akin-Filmen

Dauergast war sie auch in vielen der frühen Filme von Fatih Akin, mit dem sie bis heute befreundet ist. Zwei alte Bekannte, mit denen sie schon 1998 in seinem Spielfilmerstling „Kurz und schmerzlos“ vor der Kamera gestanden hat, spielen in „Sibel & Max“ Gastrollen: Adam Bousdoukos und Regula Grauwiller. Aber nicht nur deshalb hat Üner auch ein besonderes Verhältnis zu Hamburg. „Als Kind bin ich oft hierher gekommen, weil meine Tante hier gelebt hat.“

Üners Leidenschaft ist das Inszenieren. Viermal hat sie bereits in Berlin Theaterregie geführt, zuletzt im Ballhaus Naunynstraße im Stück „Süpermänner“. Auch einen Kurzfilm hat sie bereits auf die Beine gestellt. Für „Die Liebenden vom Hotel Osman“ gelang es ihr, Akin noch einmal vor die Kamera zu locken. Sie spielte die andere Hauptrolle, schrieb das Buch und führte Regie. Dafür gab es einen Deutschen Kurzfilmpreis in Gold.

13 Jahre ist das jetzt her. Kribbelt es nicht in ihren Fingern, es noch einmal als Filmregisseurin zu versuchen? „Doch“, sagt sie, zwei Ideen für entsprechende Geschichten trägt sie mit sich herum. „Ich habe aber einen Heidenrespekt davor, ein Drehbuch zu schreiben.“ Ohnehin findet sie, dass die Arbeit von Drehbuchautoren in Deutschland nicht genug Anerkennung findet. „Sie haben eine schwere und verantwortungsvolle Aufgabe. Ohne ihre Texte könnten wir alle nicht arbeiten.“ Mag der Heidenrespekt sie also bremsen, ihre Passion feuert sie an. „Es ist einfach schön, eine eigene Vision zu realisieren. Das ist eine ganz tolle und tiefe Erfahrung. Schauspielerei ist mein Beruf, aber die Leidenschaft brennt, wenn ich Regie führe.“

Zurück zum Interkulturellen: Seit 20 Jahren ist Üner mittlerweile erfolgreich im Geschäft. Sind in dieser Zeit die alten Klischees überwunden worden, hat sich etwas in der Art und Weise geändert, wie Fernsehen und Kino mit Menschen mit Migrantenhintergrund umgehen? „Wenig“, sagt sie. „Aber es geht voran. Vielleicht bin ich auch zu ungeduldig, es geht mir zu langsam. Immerhin haben sich ja schon mal die Namen geändert.“

Früher, erinnert sie sich, hießen türkischstämmige Frauen in deutschen Filmen sehr oft Ayshe oder Fatma. „Heute heißen sie immerhin wie Bundesfilmpreisträgerinnen“, sagt sie lächelnd in Anspielung auf ihren Rollennamen und Schauspielkollegin Sibel Kekilli („Gegen die Wand“, „Game Of Thrones“) . Ein kleiner Erfolg.