„Niemals!“ Das hätte Marcel-Reich-Ranicki gesagt, der ihn einst wortreich ablehnte. Mattscheiben-Promis und Macher bemühen sich, dem Deutschen Fernsehpreis einen Sinn zu geben.

Köln. Jedes Jahr und immer gleich dutzendfach ist der Deutsche Fernsehpreis seit 1999 verliehen worden, aber in Erinnerung geblieben ist in erster Linie eine Trophäe, die abgelehnt wurde. „Ich nehme diesen Preis nicht an! Ich habe nicht gewusst, was hier auf mich wartet!“

Sechs Jahre ist es nun her, seit Marcel Reich-Ranicki diese Worte herausschleuderte und das Publikum damit kurzzeitig in Schockstarre versetzte. Was würde der Meister sagen, wenn er wüsste, dass der Fernsehpreis am Donnerstag zum letzten Mal überreicht wurde? Zumindest in seiner bisherigen Form.

Wie es weitergeht – ob es überhaupt weitergeht – steht in den Sternen. Ein neues Konzept zu finden, ist schwierig, weil die vier Veranstalter ARD, ZDF, RTL und ProSiebenSat.1 recht unterschiedliche Vorstellungen haben. Nur in einem sind sie sich einig: So weitermachen wie bisher wollen sie nicht.

Schauplatz des Geschehens ist seit undenklichen Zeiten ein Gewerbegebiet im Kölner Stadtteil Ossendorf. In der Nähe befinden sich ein von Wachtürmen flankiertes Zuchthaus, ein schwedisches Möbel-Kaufhaus und die Restmüllverwertung.

In diesem Umfeld wird – wurde – einmal im Jahr der rote Teppich ausgerollt, und dann fuhren dort die Limousinen mit den geladenen Gästen vor, alle in festlicher Abendgarderobe. Der Grund dafür, dass die Gala in Ossendorf stattfand und nicht etwa am Potsdamer Platz in Berlin, ist natürlich: Es soll nicht noch teurer werden. Gebührengelder sind im Spiel.

WDR-Intendant Tom Buhrow beschwor diesmal vor Beginn der Aufzeichnung das gemeinsame Interesse von Öffentlich-Rechtlichen und Privaten an einem Weiterbestehen des Preises: „Unsere gemeinsame Basis ist grundsätzlich stark!“ Was aber nächstes Jahr sein werde, könne auch er noch nicht absehen.

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Moderator Klaas Heufer-Umlauf betonte mehrfach: „Es ist hier der letzte Deutsche Fernsehpreis der Welt, der kompletten Welt. Wenn man heute keinen kriegt – das war's dann auch!“ Die Moderation von Heufer-Umlauf und Sandra Maischberger hob sich wohltuend von der des vergangenen Jahres ab, als Oliver Pocher und Cindy aus Marzahn den geballten Zorn der Kritiker abgerufen hatten.

Diesmal wurde die Gala vom WDR ausgerichtet. Maischberger erzählte, dass es Günter Wallraff gewesen sei, der sie einst dazu inspiriert habe, in den Journalismus zu gehen. Der Enthüllungsjournalist bekam den Preis in der Kategorie „Beste Reportage“ – es war die einzige Auszeichnung für RTL, wobei zwei Trophäen an die RTL-Tochter Vox gingen.

„Ich muss auch dem Sender – das überrascht mich immer wieder – ein Kompliment machen“, sagte Wallraff, 72. „Die nehmen in Kauf, dass mächtige Anzeigenkunden abspringen.“ Dass RTL relativ wenig abbekommt, ist einer der Gründe für die Krise des Preises.

Suzanne von Borsody war 1999 bei der ersten Fernsehpreis-Verleihung als „Beste Schauspielerin“ ausgezeichnet worden und wurde es nun nochmal. Da schloss sich ein Kreis. „Ich hoffe, es wird einen neuen Fernsehpreis geben“, sagte sie. „Ich drücke uns allen die Daumen.“ Maischberger verabschiedete sich mit den Worten: „Es ist ja schon so viel begraben worden und doch wiedergekommen!“

Hier sind alle Preisträger:

Bester Fernsehfilm: „Männertreu“ (ARD)

Beste Serie: „Danni Lowinski“ (Sat.1)

Bester Schauspieler: Roeland Wiesnekker für „Spreewaldkrimi – Mörderische Hitze“ (ZDF)

Beste Schauspielerin: Suzanne von Borsody für „Männertreu“ (ARD)

Beste Dokumentation: „Putins Spiele“ (Arte)

Bester Mehrteiler Dokumentation: „24h Jerusalem“ (Arte)

Beste Reportage: „Team Wallraff“ (RTL)

Beste Information: Hubert Seipel für „Snowden exklusiv – Das Interview“ (ARD)

Beste Unterhaltung: „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ (Vox)

Bestes Dokutainment: „Shopping Queen“ (Vox)

Beste Comedy: „heute-show“ (ZDF)

Sonderpreis Sport: Tom Bartels (ARD), Mehmet Scholl (ARD), Oliver Welke (ZDF)

Ehrenpreis: Gerd Ruge (ARD)

Förderpreis: Sinje Irslinger für „Es ist alles in Ordnung“ (ARD)

Publikumspreis: Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt.