Hamburg. Ein wichtiges Werk der Romantik von Johan Christian Dahl geht zurück in die Sammlung Cottbus. Bisher war es in Hamburg ausgestellt.

Gerade mal 25 mal 35 Zentimeter misst das zentrale Werk einer Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle, die momentan politisch Wellen schlägt – im positiven Sinne. Die Ölstudie „Elbe und Neustädter Ufer in Dresden im Abendlicht“, die der norwegische Landschaftsmaler Johan Christian Dahl 1837 schuf und die lange Zeit im unrechtmäßigen Besitz des Museums war, wird nun nach mehr als 30 Jahren ohne Ausgleichszahlung restituiert.

1943 war das Bild zusammen mit anderen Kunstwerken auf das bei Cottbus gelegene Gut Klein-Döppern ausgelagert worden, um es vor Kunstraub zu sichern. Es verschwand in den Kriegswirren und tauchte angeblich erst einige Jahre später wieder in einer Cottbusser Buchhandlung auf, wo ein Ehepaar aus Lodz es erwarb und mit nach Stuttgart nahm. Der Sohn ließ es aufwendig restaurieren und bot es 1988 der Kunsthalle zum Kauf an. Für 25.000 D-Mark gelangte die Ölstudie unter Direktor Werner Hofmann in die Sammlung.

Hamburger Kunsthalle verabschiedet sich von Gemälde

„Das geschah durchaus in Kenntnis der Tatsache, dass es bis 1945 der städ­tischen Sammlung Cottbus gehört hatte. Die Geschichte dieses Bildes zeigt, dass sich unrechtmäßige Erwerbun­gen keines­falls auf jüdisches Eigentum beschränken, sondern dass auch die deutsche Nachkriegsgeschich­te ihre Spuren in Provenienzen hinterlassen hat“, sagte Direktor Alexander Klar bei der Übergabe an Stefan Körner, Vorstand der Cottbusser Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz. Für ihn sei „der Umgang von Kriegsverlusten von Museen in anderen Museen ein herausragendes museumsethisches Signal von Seltenheit“.

Johan Christian Dahl (1788–1857): „Elbe und Neustädter Ufer in Dresden im Abendlicht“.
Johan Christian Dahl (1788–1857): „Elbe und Neustädter Ufer in Dresden im Abendlicht“. © Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Barnitz

Bis zum 8. August verabschiedet sich die Kunsthalle in der Kabinettsausstellung „Goodbye and Hello“ von „ihrem“ Gemälde und begrüßt darin auch eine Leihgabe aus Cottbus, Carl Blechens Bild „Felsen an der Küste von Rügen“ aus dem Jahr 1828, das von 1911 bis 1924 selbst Teil der Kunsthallen-Sammlung war. Daneben werden fünf weitere Bilder Dahls und drei weitere Blechen-Werke gezeigt.

In einer Hausgemeinschaft mit Caspar David Friedrich

Dahls künstlerisches Schaffen hatte bedeutenden Einfluss auf die Landschaftsmalerei der deutschen Romantik. Der in Dresden lebende Dahl und der in Berlin tätige Blechen kannten sich persönlich. Beide waren Vertreter einer romantischen Kunst, die sich in Richtung eines frühen Realismus öffnete. Dahl lebte in Dresden in einer Hausgemeinschaft mit Caspar David Friedrich. Das Motiv des nun restituierten Werks „Elbe und Neustädter Ufer in Dresden im Abendlicht“ zeigt den Blick aus Dahls Wohnung auf das gegenüberliegende Elbufer.

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Dass es zur Restitution kommt, ist Ute Haug, Leiterin Provenienzforschung & Sammlungsgeschichte, zu verdanken. „Seit 2002 befasse ich mich nun mit diesem Werk und seiner Herkunft. Dieser lange Zeitraum lässt sich mit der Komplexität der Ge­schichte, aber auch mit dem sich nur langsam wandelnden Umgang mit dem Thema Provenienz begrün­den.“ Die Kuratorin sieht in der lange nicht verfolgten Rückgabe eine „westliche Arroganz gegenüber dem Osten und Geringschätzung einer kleineren Sammlung“.

Gemälde aus Hamburg kehrt nach Cottbus zurück

Es berühre sie sehr, dass das Gemälde nun endlich an seinen Herkunftsort zurückgelangt und ebenfalls in der Ausstellung dort zu sehen sein wird. Auch Markus Bertsch, Leiter der Sammlung 19. Jahrhundert und Co-Kurator von „Goodbye and Hello“, empfindet die Rückgabe nicht als Lücke; „vielmehr freue ich mich über die dadurch gefestigte und vielversprechende Museumspartnerschaft mit Cottbus“.