Hamburg. Der zweite Kinofilm zur TV-Serie „Downton Abbey“ ist gelungen und erzählt von einer neuen Ära.

Es sollte ja längst Schluss sein. Nachdem die britische Serie „Downton Abbey“ über britische Landadlige und ihre Bediensteten sich sechs Staffeln lang größter Beliebtheit erfreute, folgte 2019, drei Jahre nach der letzten Folge, ein Kinofilm, quasi als Epilog, in dem man die steiflippige Sippe noch mal zum Fünf-Uhr-Tee traf und diesmal sogar auf großer Leinwand in ihren Interieurs schwelgen konnte.

Das freilich war Sentimentalität pur. So richtig schien Serienerfinder Julian Fellowes nicht eingefallen zu sein, wie er das im Kino noch mal krönen könnte. Er ließ dann die königliche Familie bei Familie Crawley zu Besuch kommen, und die brachte alles durcheinander. Aber das war schon die ganze Handlung. Am Ende beichtete die betagte Violet Crawley (Maggie Smith) ihrer Enkelin Mary (Michelle Dockery), dass sie nicht mehr lange zu leben habe und Mary als ihre natürliche Nachfolgerin ansehe. „Downton Abbey“ aber ohne die stets spitzzüngig-bösen Kommentare von Violet? Unmöglich. Es schien wirklich das Ende.

Kino: durchdachter zweiter Teil

Doch von wegen. Weil auch der Kinofilm ein großer Erfolg war, oder auch nur, weil die Serienmacher nicht von ihrer Marke lassen können, folgt nun ein zweiter Kinoteil. Und Lady Violet ist wieder dabei. Dieser Film aber hat es wirklich in sich. Weil man gewitzt eine zweite Ebene einführt und die Entstehung der Serie in die Handlung integriert.

Der Besitzer des Highclere Castle, in dem die Serie spielt, hat sein Gut ja nur als Drehkulisse zur Verfügung ge­stellt, weil anders die Instandhaltung eines so riesigen Anwesens kaum zu finanzieren ist. Davon kann so mancher Landadlige ein Liedchen singen. Auch die Crawleys mussten sich in der Serie diesbezüglich ja schon einiges einfallen lassen.

„Downton Abbey II: Eine neue Ära“

In „Downton Abbey II: Eine neue Ära“ tun sie nun genau dasselbe: Sie stellen ihren Prachtbau für Dreharbeiten zur Verfügung. Und die Moderne hält Einzug in das alte Gemäuer. Statt wie sonst blasierte Adelige halten nun Stars des jungen Mediums Film Einzug, und die erweisen sich als nicht weniger kapriziös und schikanieren nicht nur das Dienstpersonal, sondern auch die Herrschaft, die schon mal in eine Aufnahme platzt und die gedrehte Szene ruiniert.

Die Crawleys kommen in Südfrankreich an, werden dort aber keineswegs willkommen geheißen.
Die Crawleys kommen in Südfrankreich an, werden dort aber keineswegs willkommen geheißen. © Universal | Ben Blackall

Fremd im eigenen Haus – da hilft nur die Flucht. Wie gut, dass ein längst vergessener Verehrer Lady Violet gerade eine Villa in Südfrankreich vererbt hat. So verlassen die Crawleys einmal die Insel und das typische Areal und sonnen sich im wärmeren Süden. Dort residiert indes noch immer die Witwe des Verstorbenen (Nathalie Baye), die keineswegs erbaut ist, dass ihr verblichener Gatte nicht ihr das Haus vererbt hat.

Zwei Spielorte und unzählige Dramen

Ein zweites Downton Abbey also, nur mediterran: Und auch hier sind die Crawleys Fremde im eigenen Haus. Die französische Madame erweist sich als genauso krawallfreudig wie Lady Violet. Und Stammhalter Robert Crawley (Hugh Bonneville) kommen Zweifel, ob er wirklich der Sohn seines Vaters ist oder womöglich aus einer Affäre von Violet hervorging.

Während der erste Kinoausflug noch mühsam auf die Länge eines Spielfilms ausgewalzt wurde, passieren diesmal an den zwei Spielorten mehr Dramen als in mancher Staffel. Wobei der Kniff mit dem Filmteam natürlich ein hübscher doppelter Boden ist, in dem man so manches über die Entstehung von Filmen erfährt. Dabei wähnt man sich allerdings zuweilen in einem ganz anderen Film: in „Singin’ in the Rain“.

Ein Zickenkrieg bleibt nicht aus

Denn wie in jenem Klassiker wird auch hier erst mal ein Stummfilm gedreht, der dann, im Umbruch jener Zeit, über Nacht zum Tonfilm umgemodelt werden soll. Wobei der weibliche Star sich plötzlich wegen schriller Stimme als Totalausfall erweist. Man ahnt die Volte: Mary ist nicht nach Frankreich mitgereist, um das Haus im Auge zu behalten. Und bald schon wird sie der arroganten Filmdiva ihre Stimme leihen. Was einen Zickenkrieg auslöst.

In der Serie wurde eigentlich alles schon auserzählt und jeder Konflikt ausgetragen. Im Lauf der Zeit wurden auch fast alle Figuren verraten oder doch domestiziert. Der einst so intrigante Zweit-Butler ist längst nicht mehr intrigant, die launische Mary ist handzahm geworden. Und nun wird auch noch die kratzbürstige Lady Violet gefühlig.

Kino: mehr Witz und Verve als erster Teil

Die Serie kommt damit wirklich an ihr natürliches Ende. Aber immerhin: mit deutlich mehr Witz und Verve als der erste Kinofilm. Zum Schluss wird sogar das dramaturgische Ihr-da-oben-wir-da-unten-Gerüst auf den Kopf gestellt: Denn die ganze Dienerschaft darf mal in herrschaftliche Kostüme steigen und selbst an der Tafel Platz nehmen, statt zu servieren. Freilich nur als Statisten – für den Film.

„Downton Abbey II: Eine neue Ära“ 126 Minuten, ohne Altersbeschränkung, läuft im Abaton, in der Astor FilmLounge, im Blankeneser, Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Holi, Koralle, Passage, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek