Hamburg. Einfach ein Traum – der französische Pianist gastierte in Hamburg und begeisterte im Kleinen Saal das Publikum.
Klar, jeder junge Künstler, der im Klassik-Business Erfolg haben will, versucht alles Mögliche um aufzufallen. Die einen plaudern vielleicht mit dem Publikum, andere kleiden sich extravagant, weitere suchen ihr Heil in Social-Media-Aktivitäten. Der französische Pianist Lucas Debargue (31) aber spielt einfach nur gut. Und das ist maßlos untertrieben, wie man bei seinem Elbphilharmonie-Recital jetzt erleben konnte. Man kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Und wenn man sich klar macht, dass Debargue noch nicht so lang auf den Konzertpodien der Welt gefeiert wird, das Klavierspielen sogar zeitweilig aufgab, um Literatur zu studieren, dabei im Supermarkt jobbte, staunt man umso mehr. Zum Glück für die Musikwelt kehrte er zum Klavier zurück und platzierte sich 2015 sensationell beim Moskauer Tschaikowski Wettbewerb.
Konzertkritik: Elbphilharmonie-Saal kaum zu sehen
In Hamburg ließ Debargue den kleinen Elbphilharmonie-Saal so stark abdunkeln, dass man ihn im spärlichen Licht kaum sehen konnte, geschweige denn im Programmheft irgendetwas lesen konnte. Debargue will, dass man sich konzentriert auf die Musik und sonst nichts. Sein Programm dauerte nur eine gute Stunde – plus drei Zugaben.
Aber diese Stunde hatte es in sich mit zwei französischen Komponisten (Franck und Ravel), einem russischen (Skjrabin) und einem ungarisch-österreichischen Komponisten (Liszt). Dabei gibt es wohl technisch kaum etwas Schwereres als Ravels „Gaspard de la nuit“ und Liszts „Dante-Sonate“, und Skrjabins „Fantasie h-Moll Op. 28“ ist jedenfalls kein Spaziergang. Der Auftakt mit César Francks „Fantaisie A-Dur“, eigentlich ein Orgelwerk, das Lucas Debargue für Klavier bearbeitet hat, klang leichter. Aber was heißt leicht? Die Klangwogen passen für die Orgel, sie aber auf dem Klavier gut wirken zu lassen, ist eine Kunst für sich.
Konzertkritik: Debargue machte das Zuhören leicht
Mit feiner Differenzierung von Dynamik und Klangschichten und dem Mut zum Risiko eines ziemlich langsamen Tempos, dabei Spannungsfaden nicht abreißen zu lassen – das muss man erstmal können. Von Anfang an spürte man, wie genau Debargue jede Note, jede komplexe Verästelung von Linien kennt. Er macht das Zuhören leicht, so schwer die Musik auch sein mag. Und er bringt sie zum Leuchten.
- Lieben-Seutters Vertrag als Intendant vorzeitig verlängert
- Ukrainisches Exil-Orchester gibt phänomenales Konzertdebüt
- Abaton und Zeise: Regisseure kommen zur Filmvorstellung
Und wie faszinierend glitzerten und sprühten und explodierten dann die drei „Klavier-Gedichte“ in Ravels „Gaspard“, leicht ließ Debargue die Begleitung flirren, schälte die melodischen Bögen heraus, stürzte sich in perlende Läufe und rauschende Kaskaden. Aber alles hatte Maß. Da war keine exhibitionistische Show, auch nicht in der Skrjabin-Fantasie und der Liszt-Sonate. Wie sprechend, wie magisch zaubernd Debargue die Motive von Dantes Höllen- und Paradies-Visionen auf dem Klavier erzählte, war ein einfach ein Traum!