Hamburg. Auch mit 67 Jahren steckt in ihm noch viel Energie. Sonnabend kommt er zur Premiere des Kinofilms „Der Mann, der die Welt aß“ ins Zeise.

Hannes Hellmann ist mal wieder auf dem Sprung. Am Vortag hat er noch Szenen für die ZDF-Vorabendserie „Notruf: Hafenkante“ gedreht, jetzt sitzt er im Foyer des Intercity Hotels im Bahnhof Altona und rührt in seinem Kaffee, anschließend geht es mit dem Zug nach Düsseldorf zur Jubiläumsfeier des Theaters an der Ruhr. Am kommenden Wochenende ist er dann wieder in Hamburg: Im Zeise-Kino stellt er gemeinsam mit Regisseur Johannes Suhm den Film „Der Mann, der die Welt aß“ vor.

„Für mich ist es verhältnismäßig egal, wo ich wohne“, sagt der umtriebige Schauspieler. Sein Hauptwohnsitz liegt zurzeit in Köln, in Altona hat er immer noch eine Wohnung. Seit 30 Jahren. „Ich bewohne dort ein Zimmer, den übrigen Teil vermiete ich an Theaterkollegen“, erzählt er. 1989, in der Ära Jürgen Flimm, kam Hellmann vom Theater an der Ruhr, wo seine Karriere begann, ans Thalia. Vier Jahre blieb er im Ensemble, bevor es ihn weiter durch die Republik trieb – immer mit einem Fuß in der Hansestadt.

In den vergangenen Wochen stand Hellmann auf der Bühne des Ernst Deutsch Theaters in Mona Kraushaars Inszenierung von „Don Carlos“. Er spielte darin König Philipp und bekam für seine Darstellung des rücksichtslosen Herrschers erstklassige Kritiken. „Ich gehöre nicht zu den Schauspielern, die sich vornehmen, unbedingt noch diese oder jene Rolle zu spielen, doch bei Philipp habe ich gedacht, das sollte ich machen“, sagt er. „Der Text ist der Hammer und es ist eine große Aufgabe, ihn rüberzubringen. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht.“

Hannes Hellmann (l.) und Johannes Suhm, der auch Regie führte, im Kinofilm „Der Mann, der die Welt aß“.
Hannes Hellmann (l.) und Johannes Suhm, der auch Regie führte, im Kinofilm „Der Mann, der die Welt aß“. © BARRIERIFILM/CINEBUREAU/ KAUFMANN

Hellmann strahlt, wenn er sich an vergangene Arbeiten erinnert, seine ohnehin schon kräftige Stimme wird noch lauter, wenn er sich begeistert. Immer wieder betont er, wie viel Freude ihm die Zusammenarbeit mit Kollegen und Regie-Teams macht – egal ob es der „Hafenkante“-Cast, das zum Teil sehr junge EDT-Ensemble oder die Filmcrew um den Schauspieler und Regisseur Johannes Suhm ist. „Ich bewundere ihn für sein Durchhaltevermögen und gleichzeitig für die Genauigkeit in der Arbeit“, lobt Hellmann den Initiator des Kinofilms „Der Mann, der die Welt aß“.

Hannes Hellmann muss extreme Szenen spielen

In dieser Independent-Produktion, deren Dreharbeiten sich wegen des kleinen Budgets über eineinhalb Jahre hinzogen, spielt Hellmann einen dementen Vater, Suhm seinen Sohn. Das Familiendrama basiert auf Nis-Momme Stockmanns gleichnamigem Theaterstück. Vater und Sohn konkurrieren in ihrem Kontrollverlust, beim Älteren bedingt durch eine Demenz, beim Jüngeren durch einen Burnout, den er mit allen Mitteln zu vertuschen sucht.

Hellmann muss ein paar ziemlich extreme Szenen spielen, etwa wenn er mit heruntergelassenen Hosen und voller Kot durch die Wohnung läuft und ein Bild des Jammers abgibt. „Das war für mich nicht schwer zu spielen. Als Theaterschauspieler schämst du dich sowieso nie. Ich kann solch extreme Situationen ohnehin besser spielen als ein lapidares ,Guten Tag, hier ist ihr Kaffee.‘“, sagt er und lächelt. Die Zusammenarbeit mit Johannes Suhm sei eine „helle Freude“ gewesen. „Mit den flachen Hierarchien und dem emphatischen gemeinsamen Umgang entsteht ein Teppich, auf den du vertrauen kannst. Du weißt, da wird etwas Gutes entstehen.“

So häufig wie möglich versucht Hellmann, Theater zu spielen, wie jüngst am EDT, doch sein Geld verdient er seit Jahren mit Film- und Fernsehrollen.

Schnelle Rollenwechsel sind Hellmanns Stärke

Auch mit 67 Jahren steckt noch viel Energie und Neugierde in ihm. Kaum jemand weiß, dass er zusätzlich als Coach und Trainer arbeitet. Bei einer Zugfahrt lernte er vor zehn Jahren den Chef einer großen Personalentwicklungsfirma in Nordrhein-Westfalen kennen. Man kam ins Gespräch, tauschte Visitenkarten aus und nach einem Dreivierteljahr hatte Hellmann einen Nebenjob – er schult mit Rollenspielen Autoverkäufer und Serviceberater.

Schnelle Rollenwechsel sind ohnehin Hellmanns Stärke. In einer Comedy-Serie ist er aktuell „Der Mann für die Sünde“: Gemeinsam mit dem Kameramann und Autor Joachim Jung hat er ein Kurzfilm-Format entwickelt, das im Internet läuft und in dem Hellmann einen Beichtvater spielt. „Es geht um einen Priester mit einem Frauen- und Alkoholproblem. Als Buße muss er einen Beicht-Container aufstellen. Beichte-to-go sozusagen. Da kommen dann verschiedene Sünder, um mit ihm zu reden, zu saufen oder sich Absolution zu holen“, beschreibt er das Projekt.

Zwölf jeweils drei bis vier Minuten lange Folgen gibt es bisher, als Partner waren unter anderem Gabriele Maria Schmeide, Peter Lohmeyer, Samuel Fintzi, Patrycia Ziolkowska, Bernd Grawert und Angela Roy dabei. „Die Folgen haben wir in meiner Wohnung in Hamburg und in einem Container in Berlin gedreht. Wir sind zwar international in einigen Streaming-Portalen vertreten, in eine deutsche Mediathek haben wir es leider noch nicht geschafft.“

Und noch ein Talent zeichnet den vielseitigen Künstler aus: Hellmann zeichnet und reimt. Seit fast zwei Jahren veröffentlicht er auf seinen Facebook- und Instagram-Accounts und unter www.hellmanns-erhellende-
fabeln.de gezeichnete Fabeln mit jeweils einem Vierzeiler. „Das sind so kleine Projekte, um im Gedächtnis zu bleiben“, sagt er. Ein schönes Beispiel: „Es tinderte ein Wal / zum allersten Mal./ Nach Wales schwamm also dieser hin / zum Date mit ner Waliserin.“

„Der Mann, der die Welt aß“ Sa 30.4., 17.30 Uhr, Zeise-Kino, in Anwesenheit von Regisseur und Darstellern; www.zeise.de