Hamburg. Wie Hamburger Kulturinstitutionen und Veranstalter mit den neuen Corona-Verordnungen in Innenräumen umgehen wollen.
Das Amtsdeutsch, mit dem hanseatische Nasen an diesem Wochenende vom coronabedingten Vermummungsgebot bei Kulturveranstaltungen in Innenräumen befreit werden, liest sich wenig poetisch, es verkündet in lediglich zwei Sätzen den Vollzug einer weiteren Zeitenwende: „Ab dem 30. April entfällt in Hamburg die Pflicht zum Tragen einer Maske in Innenräumen.
Der Senat empfiehlt insbesondere Personen, die besonders gefährdet sind, bei längerem persönlichen Kontakt in Innenräumen zum eigenen Schutz weiterhin eine Maske zu tragen.“ Die meisten Reaktionen darauf aus Kulturinstitutionen respektive von Veranstaltern sind ähnlich prosaisch: Ja, schön, gut zu wissen, dann machen wir das jetzt auch so.
Corona-Lockerungen: Maske trägt nur wer will
Die Kunsthalle beispielsweise ist eindeutig und stellt frei: „Ab dem 30. April entfällt die Pflicht zum Tragen einer Maske in Innenräumen. Dies gilt dann auch für die Besuchsbereiche der Kunsthalle: Auf freiwilliger Basis kann jeder und jede jedoch eine Maske tragen.“ Das benachbarte Museum für Kunst und Gewerbe schließt sich dieser Vorgehensweise an.
Für die Staatsoper und das Philharmonische Staatsorchester stellt sich die Lage vergleichbar dar – allerdings mit einer kleinen Unwägbarkeit: „Ja, nachdem der Hamburger Senat auf die Verlängerung der Corona-Maßnahmen verzichtet, entfällt ab dem 30. April die Maskenpflicht für unser Publikum in der Hamburgischen Staatsoper“, teilt Staatsopern-Sprecher Michael Bellgardt mit. „Es wird sicherlich nicht völlig maskenfrei sein, denn freiwillig und in eigenverantwortlicher Entscheidung kann natürlich eine Maske weiterhin getragen werden. Was die Konzerte des Philharmonischen Staatsorchesters in der Elbphilharmonie betrifft, sind wir noch in abklärenden Gesprächen.“
Im Thalia ist man sich noch nicht sicher
Von dort heißt es so kategorisch wie knapp und generell aus der Presseabteilung: „In Übereinstimmung mit der neuen Verordnung wird auch für unser Publikum ab dem 30. April die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske entfallen.“
Das Schauspielhaus meldete sich bis zum Redaktionsschluss nicht konkret auf die Abendblatt-Anfrage zum Thema, aus dem Thalia hieß es, „die Fragen werden hausintern noch besprochen“.
Viele werden freiwillig zur Maske greifen
In den Hamburger Theatern war die 2G- und 3G-Regel bereits vor vier Wochen gefallen. „Es herrscht keine Maskenpflicht mehr, aber es werden sicherlich viele freiwillig zur Maske greifen“, sagt Anja Michalke, Sprecherin des Ernst Deutsch Theaters, Hamburgs größter privater Bühne. Die Sitzplätze im Mai (bei „Onkel Wanja“ und „Umschlagplatz der Träume“) werden weiterhin im Schachbrettmuster mit 1,50 Meter Abstand verkauft. Von Juni an gibt es dann sowohl Veranstaltungen mit eingeschränkter Platzkapazität (zwei Drittel) als auch einige wie den „Best of Poetry Slam“ mit voller Auslastung.
Diese fahren die Schmidt-Bühnen bereits seit einigen Monaten. „Die Auflagen fallen in unseren Theatern und unserer Gastronomie zum 30. April. Gerade als Verzehrtheater begrüßen wir die Entscheidung des Hamburger Senats und freuen uns, unseren Gästen wieder das gewohnte Schmidt-Erlebnis bieten zu können“, so Tessa Aust, eine der drei Geschäftsführerinnen der Schmidts Tivoli GmbH. Den Mitarbeitern werden weiterhin Masken zur freiwilligen Nutzung zur Verfügung gestellt.
Polittbüro bleibt bei strikten Regeln
Das Polittbüro geht wie schon seit Monaten auf Nummer sicher: In der linksalternativen Bühne am Steindamm gilt weiterhin die 2G-plus-Regel und Maskenpflicht – Ausnahmen werden nur beim Verzehr am Sitzplatz in dem im Schachbrettmuster bestuhlten Theatersaal gemacht.
Im Livemusik-Bereich ist das tiefe, aber nicht sorgenfreie Aufatmen nach den verheerenden Schäden durch Corona sehr deutlich wahrzunehmen: „Das Clubkombinat verzeichnet mit Erleichterung die Aussetzung der Hotspot-Regelung und das Ende für 2G-plus-Zugangskontrollen in Einrichtungen mit Publikumsverkehr.“ Man wolle flexibel mit der neuen Lage umgehen. Vielerorts würden die Zugangsregeln und Corona-Kontrollen entfallen, teilweise bestünden Agenturen und Künstler aber auf die Ausübung des Hausrechts mit zusätzlichen Corona-Schutzmaßnahmen.
Dritter Neustart seit Beginn der Pandemie
Dazu kämen Pläne, das Personal freiwillig zu testen, solange die gültige Testverordnung kostenlose Bürgertests vorsieht. „Der dritte Neustart kostet viele Kultur- und Veranstaltungsbetriebe enorme Kraftanstrengungen. Mit großer Sorge geht der Blick auf den Herbst/Winter 2022/2023. Erst danach lässt sich abschätzen, ob und wie die Clubszene das vermeintliche Ende der Pandemie überstanden haben wird.“
„Wie seit Tag eins der Pandemie halten wir uns akribisch an die jeweiligen Verordnungen und Vorgaben der Behörde“, sagt Ben Mitha, Geschäftsführer bei der Karsten Jahnke Konzertdirektion. „Sollten diese nun einen vollständigen Wegfall aller Maßnahmen vorsehen und sich eine Umsetzung mit dem Covid-Protokoll der jeweiligen Spielstätte und der Tourneeproduktion vereinbaren lassen, dann werden wir natürlich auch sehr gern umgehend alle Maßnahmen aufheben.
Veranstaltungsbranche zeigt sich verantwortungsbewusst
Die Veranstaltungsbranche hat seit Beginn der Pandemie bewiesen, dass sie umsichtig und verantwortungsvoll mit der Sicherheit ihrer Veranstaltungsgäste umzugehen weiß. Die meisten Venues haben große Summen in neue Lüftungsanlagen investiert, und die Hygienekonzepte sind bis dato vollständig aufgegangen. All dies führt zum Schluss, dass Veranstaltungen keine Infektionsherde sind, und somit ist eine Aufhebung aller Maßnahmen auch durchaus gerechtfertigt.“
Semmel Concerts sekundiert: „Wir richten uns stets nach den offiziell geltenden Richtlinien. So werden wir auch die neuen Zugangsbestimmungen für all unsere Veranstaltungen übernehmen. Zudem empfehlen wir unseren Gästen eine vollständige Impfung sowie das Tragen einer FFP2-Maske und achten natürlich weiterhin auf die Umsetzung und Einhaltung der genehmigten Hygienekonzepte.“
- Ganz vorsichtig drehen die Hamburgers Clubs wieder lauter
- Inzidenz im Kreis Herzogtum Lauenburg sinkt
- Weniger Außengastronomie auf Parkplätzen: "Frust ist riesig"
Corona-Lockerungen: Nicht nur Clubkombinat ist erleichtert
Aus den Kinos heißt es: „Da der Senat die Maskenpflicht aufgehoben hat, wird die Maskenpflicht ab Sonntag auch bei uns aufgehoben. Lediglich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden weiterhin Masken tragen. Und wer von den Gästen will, kann das natürlich auch so halten“, sagt Felix Grassmann vom Abaton.
Und Hans-Peter Jansen, der in Hamburg vier und in Schleswig-Holstein zwei Kinos betreibt, erläutert: „Wir hatten die Abstandsregeln schon vorher aufgehoben. Die Leute möchten das nicht mehr. Jetzt können sie selbst entscheiden, wie sie sich verhalten wollen.“