Kulinarisches Kino: Der meditative Film „Das Zen Tagebuch“ erzählt von einem Einsiedler, der mit großer Hingabe erntet und kocht.
„Gib deine volle Aufmerksamkeit auf die Zutaten und behandle sie sorgfältig, vernachlässige sie nicht einen Moment lang“, so Zen-Meister Dōgen Zenji (1200–1253) in seinen berühmten „Anweisungen für den Koch“. Ein Gedanke, den der Einsiedler Tsutomu (Kenji Sawada), der mit seinem Hund Pfeffer in einer japanischen Berglandschaft lebt, verinnerlicht hat.
„Das Zen Tagebuch“: Eine Ode an das einfache Leben
Seine Tage verbringt er in Stille, mit dem Schreiben von Essays und Erzählungen, vor allem aber mit dem Anbau und Ernten von Gemüse – und mit dem Kochen. Einziger regelmäßiger Kontakt zur Außenwelt sind die Besuche seiner Lektorin Machiko (Takako Matsu), die sich jedes Mal mit großer Begeisterung auf seine kulinarischen Kreationen stürzt.
Es ist ein vergleichsweise unspektakuläres Leben, bestimmt durch den Wechsel der Jahreszeiten und angefüllt mit kleinen Erkenntnissen, etwa der, dass es gut ist, körperlich zu arbeiten, weil dann der Hunger kommt: „Hunger verbessert den Geschmack des Essens.“
Tsutomo scheint in sich zu ruhen, doch es gibt auch Altlasten
Die Kochkunst hat Tsutomu vor langer Zeit in einem Zen-Kloster gelernt, in das die Eltern ihn im Alter von neun Jahren steckten, weil sie so arm waren, dass sie die (zu große) Familie nicht ernähren konnten. Der Junge ging dort in eine strenge Schule und lief mit 13 Jahren davon. Heute ist Tsutomu jenseits der 60 und scheint vollkommen in sich zu ruhen.
Mit großer Gelassenheit wäscht er das frisch geerntete Gemüse, formt den gekochten Reis zu Bällchen, wärmt den Sake für seine Besucherin. Doch es gibt auch „Altlasten“, etwa den frühen Tod seiner Frau, deren Asche er seit nunmehr 13 Jahren aufbewahrt und die er immer noch nicht beerdigt hat. Dann bringt ihn ein schwerer Herzinfarkt an den Rand des eigenen Todes und zur Auseinandersetzung mit der Angst davor.
Man muss sich auf das meditative Tempo des Films einlassen
Doch so dramatisch, wie das klingt, ist es in „Das Zen Tagebuch“ von Yuji Nakae nicht. Nach kurzer Gefühlsturbulenz findet Tsutomu erneut seine Mitte, schreibt wieder, erntet und kocht. Fast zwei Stunden lang geht das so und man muss sich schon auf das meditative Tempo des Films einlassen. Zur Belohnung gibt es wunderbare Bilder vom Rettichschneiden und Sesamschälen, von unberührter Natur und einem Mann, der keine Ablenkung durch Internet oder Fernsehen braucht und natürlich auch kein Handy besitzt.
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Das wirkt aus der Zeit gefallen und ist dabei um so friedvoller. Ein schöner kleiner Achtsamkeits-Film als Ruhepol im oft so hektischen Alltag. Und vielleicht eine Anregung, einmal zu prüfen, ob es im eigenen Leben nicht auch ein wenig gelassener ginge.
„Das Zen Tagebuch“ 112 Minuten, ohne Altersbeschränkung, läuft im Abaton, Blankeneser, Koralle und Zeise