Hamburg. Der Boybandboy aus England verzückte in der gut gefüllten Barclays Arena beinah ausschließlich weibliche Fans. Superkreisch!

Man kann es ihm nicht ersparen, dem wackeren Louis Tomlinson. Das notgedrungene Vergleichen mit Harry Styles, dem Superstar, der aus der immens erfolgreichen Band One Direction hervorgegangen ist. Na ja, wer kann schon gegen Harry anstinken? In der Barclays Arena tat der 31-jährige Engländer Tomlinson sein Bestes.

Und was dabei herauskam vor, keine Überraschung, ganz überwiegend weiblichem Publikum? Eine mehr als solide Show mit den besten Hits der gestriegelten und geschniegelten Radiopopgegenwart. Wobei das mit dem Geschniegeltsein auch wieder Quatsch ist, Mr Tomlinson trägt sein Haar tief in der Stirn, und tätowiert ist er auch.

Louis Tomlinson in Hamburg: vom Unscheinbaren zum King auf der Bühne

Live sind die Songs rockiger als sonst. Schöne Melodeien, rauer, gar nicht mal lieblicher Gesang, vom ersten Song „The Greatest“ an: Perfekter Konzert-Opener, druckvolle Gitarren, ein Refrain, der alle abholte. „We are the greatest/It’s you and me until the end“. Da wollten nicht wenige das „You“ sein.

Tomlinson hat sich jetzt auf zwei Soloalben freigeschwommen, wie man so sagt. „Faith In the Future“ erschien 2022 und schaffte es in Deutschland bis auf Platz zwei der Albumcharts. Boygroup-Ruhm ist nicht wirklich vergänglich, dennoch musste der Sänger als vergleichsweise unscheinbarer Popbarde bei One Direction eh schon immer etwas kämpfen.

Beim Konzert in Hamburg am Dienstagabend galt das nicht. Da stand er als King auf der Bühne, für den alte und neue Fans gekommen waren. „Kill Me Again“,„Bigger Than Me“, purer Poprock für ein großes Publikum – das Konzert brauchte nicht lange, um in die Gänge zu kommen.

Louis Tomlinson: One-Direction-Song wird zum ersten Höhepunkt

Apropos „Bigger Than Me“. Bei One Direction, hat Tomlinson mal in einem Interview erzählt, sei Niall der „Entzückende“ gewesen, Zayn habe „die Stimme“ gehabt, Liam habe die Menge in Stimmung gebracht, Harry war der Coole, „und dann war da noch ich“.

Das war auf Pointe formuliert und britisch understated; Selbstbewusstsein hat Louis Tomlinson natürlich durchaus. So einer kann alleine eine gut gefüllte Halle bespielen. Wobei, ein Hallenkonzert im August? Der Sommer war ausbaufähig, an der frischen Luft wurde man oft nass. Ergab schon Sinn, irgendwie; aber saisonales Fremdeln mochte schon die ein oder andere verspürt haben.

Oder halt nicht – die Vorband The Lathums hatte bereits ein poppiges Indierockset gespielt und damit die Barclays Arena in Wallung gebracht. Danach gab’s auch schon La-Ola-Wellen, bis Tomlinson endlich auf die Bühne kam. Aber was das mit den Wallungen angeht, klarer erster Höhepunkt des Konzerts: der One-Direction-Song „Night Changes“. Superkreisch!

Louis Tomlinson hat auch Edelstoff im Programm

Danach immer wieder Handylichter, ekstatisch gesungene Refrains, viel Liebe für Louis, viel Liebe von Louis. Songs wie „Holding On to Heartache“ und „Walls“ wurden so innig mitgeschmettert, als wären alle, wirklich alle noch mal 15. „Yeah“-Refrains hat der Mann übrigens recht viele, vielleicht, weil Herzschmerz manchmal rhetorisch nicht weiterweiß. Tomlinson ist der Mann für die Adoleszenzknaller, und da sprechen ja eher die Hormone.

Die Raffinesse und Ausstrahlung von Harry Styles, der 2022 im Stadion nebenan auftrat, hat er nicht, und auf ein „Golden“ musste man vergeblich warten. Nicht aber auf den Arctic-Monkeys-Song „505“, den Tomlinson gerne spielt – er hat auch Edelstoff im Programm. Und übrigens einen guten Drummer, aber geht halt nix über Matt Helders. Die Fans waren auch bei „505“ textsicher. Erstaunlich? Normal? Bei Arctic-Monkeys-Konzerten ist es wahrscheinlich nicht so laut.

„Louder this time“, rief Tomlinson den Menschen zum Schluss, vor dem Refrain vom zornigen „Out of my System“, zu. Das wurde es dann auch, tatsächlich noch lauter.